Sicherheitsexperten und Vertreter muslimischer Verbände hatten bei dem dreistündigen Treffen am Freitag in Berlin über Maßnahmen gegen eine Radikalisierung von Jugendlichen durch Internet-Propaganda und extremistische Netzwerke gesprochen. Bundesinnenminister Friedrich sprach nach dem Treffen von einem Signal, dass man den Kampf gegen Radikalisierung und Terror aufnehme. Zugleich rief er die Bevölkerung zu mehr Wachsamkeit auf.
Der Terrrorismus- und Islamexperte Steinberg sieht das Ziel des Treffens jedoch verfehlt. Junge Dschihadisten radikalisierten sich vor allem in salafistischen Moscheen und Kulturzentren. "Das ist die eigentliche Zielgruppe, die solche Deradikalisierungsmaßnahmen betreffen müssten. Die sind allerdings hier weder vertreten noch sind sie wirklich das vordringlichste Thema gewesen", unterstrich der Experte.
Die radikale Bewegung des Salafismus habe in Deutschland in den vergangenen Jahren "einen ungeheuren Aufschwung" genommen. Mittlerweile gebe es mehrere tausend, vielleicht sogar mehr als 10.000 Mitglieder, sagte Steinberg. Was die Salafisten attraktiv mache, sei die Geborgenheit einer Gemeinschaft und eine einfache, fast primitive Ideologie, auch ihre Internetpräsenz. Dagegen erreichten die traditionellen islamischen Verbände ihre Jugend in weiten Teilen gar nicht mehr.
Gemeinde- und Moschee-Leben stärker ins Blickfeld nehmen
Die türkischstämmige Islam-Kritikerin Necla Kelek bemängelte, der Präventionsgipfel habe das Moschee- und Gemeindeleben zu wenig in den Blick genommen. "Solange in Koranschulen und Gemeinden ein traditionelles Bild vermittelt wird - die Jungs sind unter sich und haben auf ihre Schwestern aufzupassen - wird sich nichts ändern", sagte die Soziologin der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Samstagsausgabe). Weil die jungen Männer keine normale Jugendkultur leben könnten, werde es weiter Radikalisierungen geben.
Bundesinnenminister Friedrich hatte den Präventionsgipfel nach dem ersten Treffen der Deutschen Islamkonferenz unter seiner Leitung angekündigt und als Ziel eine "Sicherheitspartnerschaft" zwischen staatlichen Behörden und muslimischen Organisationen genannt. Er will gemeinsam mit den muslimischen Verbänden gegen eine Radikalisierung junger Muslime vorgehen und die vorhandenen Initiativen und Präventionsprogramme besser vernetzen.