"Evet, ich will", 27. Juni, 22.45 Uhr im Ersten
Deutsche und Türken haben fraglos mehr gemeinsam, als die gegenseitigen Vorurteile und Klischees vermuten lassen. Beim Heiraten aber scheinen die beiden Kulturen unversöhnlich aufeinander zu prallen. Schon der vielfach preisgekrönte Fernsehfilm "Meine verrückte türkische Hochzeit" (ProSieben) lebte davon, sich auf äußerst liebevolle und entsprechend liebenswerte Weise über die vielen kleinen und großen Unterschiede lustig zu machen. Sinan Akkus, der 35 seiner 38 Lebensjahre in Deutschland verbracht hat, treibt das Thema in seinem Debüt "Evet, ich will" auf die Spitze: Sein episodisch inszenierter Ensemblefilm erzählt von gleich vier Paaren, deren Ehelichung am Einspruch der Eltern zu scheitern droht; und nur in einem Fall will eine türkische Tochter (Lale Yavas) ihren deutschen Freund (Oliver Korittke) heiraten.
Kulturelle Differenzen
Im Gegensatz zum Fernsehfilm, der Hochzeit mit Hindernissen vor allem aus dem deutschen Blickwinkel schilderte, erzählt Akkus (Buch und Regie) die Geschichte quasi von innen. Und plötzlich zeigt sich, dass kulturelle Differenzen keineswegs bloß Fragen von Religion und Nationalität sind: Ähnlich unüberbrückbar scheinen die Abgründe, wenn sich ein Kurde (Tim Seyfi) und eine Türkin (Idil Üner) vermählen wollen; ganz zu schweigen von dem Entsetzen der Eltern, wenn ihr Sprössling (Eralp Uzun) ausgerechnet bei der Brautschau endlich gesteht, dass er schwul ist und einen Kollegen (Mickey Hardt) liebt.
Im Gegensatz zu den Eltern macht Akkus aber nie ein Drama draus, und das ist das Schöne an diesem Film, denn im Grunde sind die Konflikte natürlich alles andere als komisch. Die konsequente Zuspitzung und die Dramatisierung der Beteiligten aber lassen die Situationen immer wieder eskalieren. Der deutsch-türkische Erzählstrang entspricht zwar deutlich stärker den bekannten Mustern, aber die Darsteller (Oliver Korittke, Heinrich Schafmeister) machen das wieder wett; und die Schweizerin Lale Yavas ist ohnehin eine echte Entdeckung für den deutschen Film. Und dass die Einwanderer in solch einem Film Türkisch sprechen dürfen, versteht sich von selbst, zumal selbst die Untertitel noch Anlass zu Heiterkeit bieten, wenn beispielsweise die türkischen Eltern von ihrer Tochter wissen wollen, warum sich die Eltern ihres deutschen Verlobten so seltsam aufführen.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).