"Für viele Arme weltweit ist das Auf und Ab der Preise lebensbedrohlich", erklärte Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon am Dienstag in Aachen. Die Welthungerhilfe rief die Politik zu Maßnahmen gegen Spekulationen mit Agrarrohstoffen an der Börse auf. Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) äußerte die Befürchtung, dass der Preisanstieg zu neuen Unruhen in ärmeren Ländern führen könnten.
Aigner warnt vor Hungerunruhen
"Wer bereits einen Großteil seines Lohns für das tägliche Brot ausgeben muss und sich dann auch noch mit stark steigenden Preisen konfrontiert sieht, wird auf die Straße gehen, um auf seine Notlage aufmerksam zu machen", sagte Aigner dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel" (Mittwochsausgabe). Die Agrarministerin nimmt an dem zweitätigen Treffen in Paris teil, bei dem es um die Sicherung der Welternährung und Maßnahmen gegen die Preissteigerungen gehen soll.
Zudem soll ein internationales Erfassungssystem verabredet werden, durch das Bestände und Produktion von Grundnahrungsmitteln kontrolliert werden können. Das neue System werde helfen, die Spekulation zu begrenzen, sagte Aigner. "Wenn man weiß, wie viel Weizen, Mais oder Soja in den wichtigen Ländern vorhanden ist, wird es schwerer, dagegen zu spekulieren." Derzeit gebe es in vielen Ländern keinen verlässlichen Überblick.
"Ernährungssicherheit geht vor Biokraftstoffe"
Die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, sagte mit Blick auf das Treffen: "Wir hoffen auf Reaktionen zu den steigenden Nahrungsmittelpreisen." Unter anderem forderte sie eine Berichtspflicht für Börsengeschäfte mit Agrarrohstoffen wie Soja oder Weizen an die staatlichen Aufsichtsbehörden, um Preisspekulationen zu vermeiden.
Zudem warnte sie davor, dass der Anbau von Nutzpflanzen für Agrarsprit und Futtermittel immer mehr mit dem von Lebensmitteln um die geringen Flächen konkurriere. "Ernährungssicherheit geht vor Biokraftstoffe", betonte Dieckmann. Nur etwa die Hälfte der Getreideproduktion weltweit kommt der Welthungerhilfe zufolge in die menschliche Nahrungskette.
Misereor: "G-20 müssen jetzt politischen Willen aufrbingen"
"Die Regierungen der G-20 haben die Macht, die dringend erforderlichen Maßnahmen in Gang zu setzen", betonte Misereor-Geschäftsführer Bröckelmann-Simon. Sie könnten Warentermingeschäfte strenger regulieren, die öffentliche Förderung von Agrartreibstoffen beenden und den Einsatz von importiertem Sojaschrot als Futtermittel in der Tierhaltung reduzieren. "Entscheidend ist, dass sie jetzt auch den politischen Willen dazu aufbringen."
Besonders schlimm sei die Lage am Horn von Afrika, wo sich die Preise in einem Jahr teilweise mehr als verdoppelt hätten. "Bewohner von Slums und andere Menschen, die ohnehin in tiefer Armut leben, können sich die Nahrungsmittel, die sie zum täglichen Überleben brauchen, nicht mehr leisten", sagte Bröckelmann-Simon. "Für die Haushalte vieler importabhängiger Länder sind die internationalen Preissteigerungen kaum mehr zu schultern."