Damit wird Fehrs Nachfolgerin von Maria Jepsen (66), die im vergangenen Jahr als Bischöfin zurückgetreten war. Sie hatte in den ersten drei Wahlgängen bis zu sechs Stimmen vor Bahr gelegen, die notwendige Mehrheit von 71 Stimmen bei 140 wahlberechtigten Synodalen aber jeweils verfehlt. Nach dem vom Wahlgesetz vorgesehenen Ausscheiden Bahrs bekam Fehrs im vierten Wahlgang 97 Stimmen von 118 anwesenden Mitgliedern der Synode.
Die neue Bischöfin ist gebürtige Dithmarscherin aus Wesselburen und studierte Theologie in Hamburg. Sie war Vikarin in der Ostseegemeinde Waabs und Gemeindepastorin in Hohenwestedt (bei Neumünster). Danach leitete sie das Evangelische Bildungswerk im Kirchenkreis Rendsburg und begleitete als Personal- und Gemeindeentwicklerin den nordelbischen Reformprozess, bevor sie 2006 Pröpstin im Kirchenkreis Hamburg-Ost wurde. Daneben ist sie Hauptpastorin an der City-Kirche St. Jacobi.
Mit Verstand "Herzenssprache" üben
Fehrs kennt nicht nur Stadt und Land, sondern auch die Strukturen, Gremien und Menschen der nordelbischen Kirche. Dieser "Heimvorteil" wurde offenbar zum entscheidenden Pluspunkt für ihre Wahl, gerade im Blick auf die Umbruchphase zur Nordkirche. Im nächsten Jahr will Nordelbien mit den Landeskirchen in Mecklenburg und Pommern fusionieren. "Wenn das Sektglas über dem Fusionsvortrag geleert ist, geht die Arbeit erst richtig los", hatte Fehrs vor ihrer Wahl gesagt. Und: Leitendes Handeln bestehe darin, in Krisen an Visionen zu erinnern und zur richtigen Zeit auch wieder innezuhalten.
Mit ihrer freundlichen Ausgeglichenheit kann sie Menschen für sich gewinnen und Probleme frühzeitig erkennen. Konflikte seien ihr "nicht angenehm", aber sie scheut sie nicht: "Rechtzeitiges Ansprechen heikler Themen kann Konflikte versachlichen und entschärfen", sagte die Theologin. Wichtig sei ihr, genau hinzuschauen und hinzuhören, gerade bei ethisch sensiblen Themen: "Kirche ist der Ort, an dem man mit Verstand Herzenssprache übt", lautet ihre Devise.
Verheiratet ist die neue Bischöfin mit Karsten Fehrs, Pastor im Berufsförderungswerk in Hamburg-Farmsen. Das Ehepaar wohnt mitten in der Hamburger Innenstadt im 4. Stock gegenüber der Hauptkirche St. Jacobi. "Der weite Blick über die Dächer ist grandios", sagt Fehrs. Wenn Zeit genug ist, läuft sie gerne frühmorgens an der Alster. Im Urlaub dürfen es gern zehn Kilometer am Stück sein, querfeldein. Für die Fitness und für neue Gedanken. Ab sofort auch für die neuen Herausforderungen im Bischofsamt.
Hinhören und das Gespräch suchen
In ihrer Vorstellungsrede hatte Fehrs gesagt, sie wolle eine Bischöfin sein, die hinhört und das Gespräch sucht. Zudem sei sie "Pastorin mit Leib und Seele" und habe großes Gottvertrauen. Evangelische Gottesdienste müssten sich ihre besondere Sprache erhalten, forderte sie. Sie lebten auch von Ritualen, die nicht bis ins Letzte verstanden werden können. In der öffentlichen Diskussion wolle sie eine "Stimme der Humanität" sein.
Die Kirche steht nach den Worten Fehrs' für eine Kultur der Begegnung. Bei ihrer Arbeit als Seelsorgerin im Krankenhaus, im Gefängnis und in der Psychiatrie sei es immer um Gespräche gegangen, damit Menschen ihre existenzielle Krise überstehen. Viele Menschen stünden zwar distanziert zur Kirche, nicht aber zu Fragen des Glaubens und der menschlichen Existenz. Auch Fehrs will interreligiöse Gespräche fördern.
Glückwünsche von Schneider und Friedrich
Zu den ersten Gratulanten nach der Bischofswahl zählte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider. Fehrs übernehme das Bischofsamt in bewegten Zeiten, erklärte er. Der für das nächste Jahr geplante Zusammenschluss der nordelbischen Kirche mit den Landeskirchen in Mecklenburg und Pommern sei auch für die EKD außerordentlich wichtig.
Auch der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Bayerns Landesbischof Johannes Friedrich, gratulierte Fehrs: Mit ihr gewinne die nordelbische Kirche eine Leitungspersönlichkeit, die die strukturellen Herausforderungen "mit kommunikativer Kompetenz begleiten und gestalten" könne, erklärte Friedrich.
Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister gratulierte Fehrs mit Segenswünschen. Er freue sich auf "eine herzliche Nachbarschaft mit ihr, in der die engen Verbindungen der beiden großen lutherischen Kirchen Norddeutschlands im hanseatischen Geist nördlich und südlich der Elbe eine vertiefte Fortsetzung finden."
Amtsantritt voraussichtlich im Herbst
Die Vorgängerin im Hamburger Bischofsamt, Maria Jepsen, war im Juli vorigen Jahres im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen in der Gemeinde Ahrensburg zurückgetreten. Untersuchungen der nordelbischen Landeskirche bescheinigten ihr im Nachhinein, korrekt gehandelt zu haben.
Kirsten Fehrs wird in der nordelbischen Landeskirche Bischöfin für den Sprengel Hamburg und Lübeck mit rund 900.000 Kirchenmitgliedern in 226 Gemeinden. Er umfasst die beiden Hansestädte Hamburg und Lübeck, das Hamburger Umland und den Kreis Herzogtum Lauenburg. Die neue Bischöfin wird ihr Amt am 15. November 2011 antreten.