Nach der 2:0-Niederlage im Testspiel gegen Deutschland in Ingolstadt im Mai beschrieb ihr Trainer Kwang Min Kim die Frauen als jung und teilweise sehr unerfahren. Ansonsten ließ er die meisten Fragen unbeantwortet, was die Gerüchte über die Spielerinnen weiter schürt. Wilde Spekulationen über sklavenähnliche Haltung und hämische Kommentare zu den ähnlichen Haarschnitten begleiten die Sportlerinnen. Doch auf dem Rasen traut man den Nordkoreanerinnen einiges zu: Die Weltranglisten-Achten und dreifachen Asienmeisterinnen zählen zum Favoritenkreis.
Nach Vorstellung vieler Westler beruht dieser Erfolg auf einem unmenschlichen Drill und der Androhung von Arbeitslager bei Misserfolg. Ein ganz anderes Bild zeichnet die österreichische Regisseurin Brigitte Weich, die einen Film über vier Frauen aus der nordkoreanischen Nationalmannschaft gedreht hat. "Ich hatte nie den Eindruck, dass sie in irgendeinem Moment zu irgendetwas gezwungen wurden", betont Weich, die die Spielerinnen sechs Jahre lang begleitete.
"Sport bietet Möglichkeit für Erfolgserlebnisse"
Der Koreanist Rüdiger Frank erläutert: "Der Sport bietet in einer ansonsten sehr einengenden Gesellschaft einen Entfaltungsraum und schafft Möglichkeiten für Erfolgserlebnisse." Der Nordkorea-Kenner Nicholas Bonner ist sich sicher, dass dies die Spielerinnen zu hohen Leistungen anspornt. "Sie trainieren sehr hart, weil sie zur Weltspitze gehören wollen, sie werden bis an ihre Grenzen gebracht, aber nicht weiter."
Der in China lebende Brite führt mit seiner Reiseagentur Touristengruppen in das isolierte Land. "Fußball ist der unangefochtene Lieblingssport in Nordkorea", betont Bonner, der an einem Film über die Männermannschaft beteiligt war, die 1966 in England mit einem Überraschungssieg über Italien in das WM-Viertelfinale gelangte. "Aber heutzutage will niemand zu den Männerspielen gehen, nur bei den Frauen sind die Stadien voll." Die Frauen seien besser und auch öfter auf den Titelseiten, erzählt Bonner. "Fußball ist einer der Bereiche, in denen die Geschlechter gleichberechtigt sind."
Emanzipation durch Fußball
Auch Weich zeigt in ihrem Film "Hana, dul, sed" (Eins, zwei drei), der am 9. Juni in die deutschen Kinos kam, dass der Frauenfußball in dem autoritär regierten, kommunistischen Land weit mehr ist als reine Staatsdoktrin. "Zwar ist er Ende der 80er, Anfang der 90er aus dem Stand von oben implementiert worden", erklärt Weich, die sich wie kaum jemand anderes aus dem Westen im nordkoreanischen Frauenfußball auskennt.
Gleichzeitig habe diese staatliche Förderung in einem Land mit ausgesprochen konservativen Geschlechterrollen zur Emanzipation beigetragen. "In diesem speziellen Fall hat es genützt, plötzlich dürfen diese Frauen machen, was sie wollen", sagt Weich. Den Fußballerinnen komme eine wichtige Vorbildfunktion zu.
Dennoch verstehen sich die Spielerinnen als Botschafterinnen ihres Landes und sehen ihre Aufgabe darin, dem "geliebten Führer", Staatschef Kim Jong Il, Freude zu bereiten. Dass sie Hosen tragen auf dem Platz, später heiraten und insgesamt mehr Freiheit genießen als andere Nordkoreanerinnen, ändert Weich zufolge nichts an ihrer Linientreue.
Irritierende Kim-Jong-Il-Anstecker
Entsprechend schockiert sei sie bei ihrem ersten Dreh in Nordkorea gewesen, nachdem sie die Frauen mehrmals bei internationalen Turnieren getroffen hatte, sagt Weich. "Ich konnte die beiden Bilder nicht übereinkriegen zwischen den führerverehrenden, ergebenen Bürgerinnen in Pjöngjang und den fröhlichen, toughen Frauen, mit denen wir rund um die Welt gereist waren und tolle Dinge erlebt hatten." Allein der in der Heimat jederzeit am Revers getragene Anstecker mit dem Konterfei des Staatschefs Kim Jong Il habe sie irritiert.
Seit Mitte Juni sind die Frauen wieder in Deutschland, um sich in Leipzig auf die WM vorzubereiten. Leider wird auch jetzt nicht viel von ihnen zu sehen sein, ein Testspiel gegen England in Halle am 21. Juni findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.