Entwicklungshelfer kritisieren neue deutsche Afrikapolitik
Die Bundesregierung präsentiert eine neue Afrikapolitik aus einem Guss. Den Südsudan will sie anerkennen. Ziel des Gesamtkonzepts ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe - unter Berücksichtigung der eigenen Wirtschaftsinteressen. Entwicklungshelfer kritisieren genau das.

Die Bundesregierung strebt eine enge "Partnerschaft auf Augenhöhe" mit den Staaten Afrikas an. "Wir wollen in den Beziehungen zu unserem Nachbarkontinent ein neues Kapitel aufschlagen", sagte Außenminister Guido Westerwelle am Mittwoch bei der Vorstellung des ersten Gesamtkonzepts der Regierung für die Afrika-Politik. Die Idee finden Entwicklungsorganisationen und Opposition zwar prinzipiell gut - kritisieren aber Details.

Diplomatische Anerkennung des Südsudans

Als wichtigste deutsche Interessen werden im neuen Konzept "Frieden und Sicherheit in unserer Nachbarschaft" genannt. Weitere Ziele sind Demokratisierung, Achtung der Menschenrechte und die Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Das Kabinett beschloss darüber hinaus, den Südsudan nach dessen Unabhängigkeitserklärung am 9. Juli diplomatisch anzuerkennen. Westerwelle wollte am Mittwoch zu einem dreitägigen Sudan-Besuch aufbrechen - musste diesen wegen einer Aschewolke aus einem Vulkan in Ostafrika aber verschieben.

Auf dem afrikanischen Kontinent leben mehr als eine Milliarde Menschen. Das Wirtschaftswachstum lag in den vergangenen Jahren bei durchschnittlich sechs Prozent. Westerwelle monierte, dass keiner der 53 afrikanischen Staaten mit einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat vertreten sei. "Im globalen Kräfteverhältnis ist Afrika deutlich unterrepräsentiert." Deutschland setzt sich in seinem Konzept für die Abschaffung der Todesstrafe, ein Ende der Rekrutierung von Kindersoldaten sowie ein Ende der Verfolgung von Homosexualität ein. Westerwelle sagte: "Der Keim der Freiheitsliebe muss nicht von uns nach Afrika hineingetragen werden, er ist dort von sich aus vorhanden."

Kritik an deutschen Wirtschaftsinteressen

Die Bundesregierung sieht in Afrika zudem gute Chancen für die deutsche Wirtschaft. Derzeit beschäftigen mehr als 600 deutsche Unternehmen insgesamt rund 146.000 Mitarbeiter in Afrika. Konkurrenz kommt vor allem aus Ländern wie China, Türkei und Brasilien. Die nicht-staatlichen Entwicklungsorganisationen kritisierten, dass neue Konzept ignoriere die Lebenswirklichkeit eines Großteils der afrikanischen Bevölkerung. Nicht die Überwindung von Armut und Hunger stünde im Vordergrund, sondern deutsche Wirtschaftsinteressen.

Vom Bundesentwicklungsministerium hieß es dazu, das Konzept sei absolut ausgewogen. "Es gibt keine nachhaltige Entwicklung ohne eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung." Die Welthungerhilfe sieht in der starken Betonung des Handels unaufgelöste Zielkonflikte der verschiedenen Ministerien. "Manchmal kann es im Sinne der wirtschaftlichen Entwicklung sein, wenn sich entstehende Märkte für einen gewissen Zeitraum schützen", sagte Generalsekretär Wolfgang Jamann laut einer Mitteilung.

Die Grünen begrüßten zwar das ressortübergreifende Papier, bemängelten aber, das Konzept werde der Vielfalt des Kontinents nicht gerecht. Internationale Rahmenbeschlüsse und Bestrebungen wie die Millenniumsentwicklungsziele verkümmerten zu Randnotizen. Auf die Ausarbeitung eines eigenen Afrika-Konzepts hatten sich Union und FDP in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. Ausgearbeitet wurde das 29-Seiten-Papier unter Federführung des Auswärtigen Amtes.

dpa