Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat Kritik aus der Opposition an der Ausgabenpolitik der staatlichen Entwicklungshilfe-Organisation GIZ zurückgewiesen. Niebel bezeichnete die Vorwürfe des SPD-Politikers Lothar Binding, wonach die Entwicklungshelfer Steuermittel verschwendeten, als "bemerkenswerten Neidvorgang". Der Minister sagte der "Rhein-Neckar-Zeitung" (Mittwoch): "Es haben sich im Gegensatz zur früheren SPD-Hausleitung nur zwei Dinge geändert: Erstens, dass die Vorstände heute 35 Prozent weniger Geld verdienen und zweitens, dass sie als Bereichsvorstände jetzt auch operative Verantwortung übernehmen müssen."
Die bundeseigene Organisation GIZ war wegen teurer Flüge und Luxuskarossen für den Vorstand in die Kritik geraten. Die GIZ verwies darauf, dass es um "ein großes Unternehmen" mit einem Umsatz von fast zwei Milliarden Euro und mit zwei Dienstorten gehe. Dafür stünden den Vorständen Büros und Dienstwagen zur Verfügung. Aus Kostengründen waren unter dem Dach der GIZ zu Jahresbeginn mehrere staatliche Entwicklungshilfe-Organisationen gebündelt worden.
SPD-Politiker wirft Entwicklungshelfern Verschwendung vor
In einem Brief an Entwicklungs-Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz (FDP) verlangt Binding Auskunft darüber, ob der GIZ-Vorstand auf Dienstreisen tatsächlich regelmäßig First-Class-Flüge wähle. Zudem will er von GIZ-Aufsichtsratschef Beerfeltz wissen, ob die hohen Kosten für einen "Fuhrpark an Luxuskarossen mit jeweils eigenem Fahrer" gerechtfertigt seien.
Kritik übt Binding auch daran, "dass der siebenköpfige Übergangsvorstand - für gerade mal noch ein Jahr - umfangreiche Baumaßnahmen für die eigenen Büros sowohl in Eschborn als auch in Bonn" durchführen lasse. Es gehe um größtenteils unnötige repräsentative Investitionen, schreibt Binding in dem Brief, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt und über den die "Frankfurter Rundschau" sowie die "Berliner Zeitung" berichteten.
GIZ weist Kritik zurück
Die GIZ verwies darauf, dass es um "ein großes Unternehmen" mit einem Umsatz von fast zwei Milliarden Euro gehe. "Dazu bedarf der Vorstand einer Arbeitsstruktur - aufgrund der politischen Vorgaben sowohl am Standort Bonn wie auch am Standort Eschborn." Dafür stünden den Vorständen Büros und Dienstwagen zur Verfügung.
Die Dienstwagen - auch zur Privatnutzung - sind laut GIZ Bestandteil des Entlohnungspakets für Vorstände. Die GIZ erhalte insbesondere für die Kfz-Oberklasse hohe Rabatte und über den Wiederverkauf meistens mehr als den kompletten Preis zurück. "Daher ist es kostenneutral". Zudem reise der Vorstand in der Regel Business Class. "Aus gewichtigem Grund kann er abweichend eine höhere Klasse wählen", heißt es in einer Mitteilung der GIZ zu Flugreisen.
Beerfeltz erklärte: "Die nun erfolgte Kritik ist unterste Schublade eines ziemlich primitiven Neidkomplexes." Er nannte es bedauerlich, dass der Brief von Aufsichtsratsmitglied Binding der Presse zugeleitet worden sei. "Der geeignete Ort, die darin monierten Sachverhalte zu besprechen, ist die nächste GIZ-Aufsichtsratssitzung im Juli." Auch hätten die Vorwürfe schon gegenüber der früheren SPD-Hausleitung des Ministeriums erhoben werden können.
Mit der neuen Aufbauorganisation würden Doppelstrukturen beseitigt, erklärte Beerfeltz. Im Rahmen dessen sei auch die Vergütung der neuen Vorstände um 35 Prozent gegenüber den alten Geschäftsführerverträgen der GTZ gesenkt worden, "ein - verglichen mit der Privatwirtschaft - sicherlich bemerkenswerter Vorgang".
Als Anlass für seinen Brief nennt Binding eine zunehmende Empörung über aktuelle Tendenzen in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, "die gelegentlich als "Selbstbedienungsladen" bezeichnet" werde. So sei dem ehemaligen FDP-Ortsvereinsvorsitzenden in Bonn-Beuel, Tom Pätz, ein hoch dotierter Vorstandsposten bei der GIZ beschafft worden. Binding will wissen, ob Pätz nach seinem Ausscheiden aus dem GIZ-Vorstand eine Stelle im Ministerium angeboten werde. Es dürfe "nicht der Anschein einer Günstlingswirtschaft entstehen".
GIZ: Bundeseigene Entwicklungsorganisation
Unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist seit Januar diesen Jahres die Arbeit des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED), der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und der Inwent (Internationale Weiterbildung und Entwicklung) gebündelt.
Ziel ist mehr Effizienz in der Entwicklungspolitik. Die GIZ mit Sitz in Bonn und Eschborn beschäftigt nach eigenen Angaben etwa 17.000 Mitarbeiter und ist in mehr als 130 Ländern aktiv. Der Umsatz lag laut GIZ Ende 2010 bei schätzungsweise 1,9 Milliarden Euro. Wichtigster Auftraggeber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).