Den Versicherten von mehr als 20 gesetzlichen Krankenkassen drohen weitere Zusatzbeiträge oder die Einschränkung von Leistungen. Der Grund sind mangelnde finanzielle Rücklagen. Bei der bankrotten City BKK helfen nun Mitarbeiter anderer Kassen, um die laufenden Geschäfte zu erledigen. Gut zwei Wochen vor der Schließung der Kasse haben noch rund 40.000 Mitglieder keine neue Versicherung.
"Einige Kassen haben zu wenig getan", sagte der Sprecher des Bundesversicherungsamts, Tobias Schmidt, am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Er bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung vom selben Tag.
Kassen aller Größen betroffen
Auch größere Kassen befänden sich unter den Versicherungen mit zu geringer Reserve. "Ein Viertel der unserer Aufsicht unterstehenden Kassen liegen unter dem Mindestsoll", erläuterte Schmidt. Dies sind mehr als 20: Derzeit stehen von den rund 150 Krankenkassen 93 unter Aufsicht des Amts, vor allem Betriebs- und Ersatzkassen.
Bei manchen der betroffenen Kassen seien die Probleme größer, bei anderen geringer, sagte Schmidt. "Das ist breit gestreut." Sparen könnten diese Kassen mit dem Abbau freiwilliger Leistungen oder von Personal.
Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte in Berlin: "Krankenkassen, die mit dem Geld, das sie aus dem Gesundheitsfonds bekommen, nicht auskommen, müssen Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern erheben." Darauf müsse auch die Aufsicht bestehen.
Bis zum Aufstellen der Haushaltspläne fürs kommende Jahr im November müssten sich die betroffenen Kassen "Gedanken machen", so Schmidt. Das bedeute aber nicht, dass diese Versicherungen vor der Pleite stünden.
Chaos bei der Bearbeitung
Eine Sprecherin des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKKen) sagte der dpa, ihr lägen keine Zahlen vor, die auf eine Schieflage weiterer BKKen hindeuteten. Die Ersatzkassen wie Barmer GEK, Techniker Krankenkassen oder DAK hatten im ersten Quartal 518 Millionen Euro Überschuss, wie eine Sprecherin ihres Verbands der dpa sagte. "Das zeigt, dass die Finanzsituation solide ist."
Mit der City BKK muss die erste Kasse seit dem Start des Fonds zum 1. Juli schließen. Derzeit braucht die bankrotte Kasse Hilfe von Mitarbeitern anderer Versicherungen, um unbearbeitete Post zu bewältigen, wie Kassenvorstand Oliver Reken der Zeitung "Die Welt" sagte. "Es gibt in vier Leistungsbereichen Rückstände bei der Bearbeitung." Um das aufzuholen, müssten von dieser Woche an 43 Mitarbeiter von anderen Kassen aushelfen. "Bis zum 30. Juni sollen alle unbearbeiteten Leistungsanträge erledigt sein", sagte Reken.
Der Vorstand begründete die verzögerte Bearbeitung mit der hohen Belastung seiner Mitarbeiter. "Hätten alle anderen Kassen unsere Versicherten ohne Verzögerung aufgenommen, wäre das Problem nicht so groß", sagte Reken. Viele City-BKK-Versicherte waren von anderen Kassen abgewiesen worden. Der Barmer-GEK-Sprecher Athanasios Drougias wies den Vorwurf zurück: "Das Organisations- und Personalmanagement der City BKK befindet sich auf Steinzeitniveau."
Viele Ex-Mitglieder noch ohne neue Versicherung
Die Arbeitsverhältnisse der City-BKK-Mitarbeiter endeten am 30. Juni, sagte Sprecher Torsten Nowak der dpa. Viele müssten vorher noch Urlaub abbauen - so dass eigene Arbeitskräfte für die Bearbeitung der laufenden Geschäfte fehlten. Die Versicherten bekämen in der Regel von den Schwierigkeiten aber nichts mit.
Von den ursprünglich 136.000 Mitgliedern hätten noch rund 40.000 keine neue Versicherung, teilte Nowak mit. Sie würden nun nochmals angeschrieben, müssten sich aber keine Sorgen um ihren Versicherungsschutz machen. Die "City BKK Körperschaft in Abwicklung" als Nachfolgeorganisation auf Zeit zahle zum Beispiel, wenn ein Versicherter Ende Juni ins Krankenhaus muss und die Rechnung erst später komme.