Mit der EHEC-Welle wächst der Bedarf an Blutkonserven
Blut rettet Leben. Krebskranke und Unfallopfer brauchen besonders viel fremdes Blut, aktuell auch schwer erkrankte EHEC-Patienten. Junge Leute sind weniger spendabel als ältere, sagen Experten. Nach Katastrophen wie der Loveparade kommen plötzlich mehr Spender. Oder wenn es im eigenen Kreis ein tragisches Schlüsselerlebnis gibt. Fragen und Antworten zum Thema Blutspende.
14.06.2011
Von Yuriko Wahl-Immel

Die Forschung versucht Kunstblut zu erzeugen, doch noch ist kein Durchbruch in Sicht. Klar ist: Ohne die wegweisenden Entdeckungen der Blutgruppen durch Karl Landsteiner (1868-1943) wäre die moderne Medizin nicht so weit. Daher hat die Weltgesundheitsorganisation Landsteiners Geburtstag, den 14. Juni, zum alljährlichen Weltblutspendetag ausgerufen. Einige wichtige Fragen zum Thema:

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Reichen die Vorräte aus?

Zwischen 2,5 und 3 Prozent der Bevölkerung spenden Blut. Im Jahr zählt man fünf Millionen Vollblutspenden deutschlandweit. Die meisten Spender werden beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) zur Ader gelassen. Im Schnitt kommt jeder Spender zweimal im Jahr. Der Vorrat reicht über das Jahr gerade so. Aber zwischendurch gibt es Engpässe. Würden sechs Prozent der Bevölkerung spenden, wäre das laut DRK optimal.

Was haben EHEC oder Vogelgrippe mit Blutspenden zu tun?

Der Bedarf steigt ständig, auch dank neuer medizischer Möglichkeiten. Die Spenden nehmen aber nicht im selben Maße zu. Bei Katastrophen kann es eng werden. Aktuell gibt es wegen der grassierenden Darmseuche EHEC eine riesige Nachfrage nach Blutplasma - für die besonders schwer betroffenen Patienten mit Komplikationen. Dann sind am Tag bis zu 40 Plasmakonserven für jeden Einzelnen nötig. Eine große Herausforderung - mit Blick auf die Sicherheit von Spendern und Empfänger - sind Vorsichtmaßnahmen gegen neue Infektionskrankheiten wie Vogelgrippe oder Schweinegrippe.

Warum spenden Jüngere weniger äls Ältere?

Jüngere Menschen kommen nur halb so oft, vor allem weil der Freizeitspaß starke Konkurrenz ist. Ältere kennen in ihrem Umfeld häufig einige, die schon mal auf fremdes Blut angewiesen waren. Das beeinflusst sie. Nach Schätzungen brauchen 80 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal im Leben Blut oder Blutplasma-Medikamente. Seit knapp einem Jahr gilt die Altersgrenze 68 Jahre für Blutspender nicht mehr verbindlich, der Arzt entscheidet bei der Voruntersuchung.

Wem helfen die Blutspenden?

Etwa ein Drittel der Blutvorräte kommt Krebspatienten zugute. Es folgen Unfallopfer und Operationen jeglicher Art. Viel Blut braucht man für Transplantationen, bei einer Lebertransplantation können es schon mal 80 Konserven auf einen Schlag sein. Fremdes Blut rettet auch immer wieder Ungeborene im Mutterleib. In Deutschland ist Blut rechtlich gesehen ein Arzneimittel. Der Weltblutspendetag am 14. Juni fällt auf den Geburtstag des Wissenschaftlers Karl Landsteiner, der 1901 das Blutgruppensystem ABO, 1941 das Rhesus-System entdeckte.

Warum nutzen Katastrophen den Blutspendediensten?

Nach Katatsrophen wie der Loveparade mit 21 Toten im Sommer 2010 verzeichnen die Blutspendendienste oft großen und über Wochen anhaltenden Zulauf. Eine positive Grundstimmung für das Blutspenden ist bei vielen da. Ein schlimmes Unglück wird dann oft zum Auslöser, um einen halben Liter Blut abzugeben.

Warum gibt es für Spender kein Geld?

Einer EU-weiten Richtlinie zufolge darf Blut nur unentgeltlich gespendet werden. Aufwandsentschädgigungen etwa für Fahrtkosten sind erlaubt. Kleine Geschenke wie Süßigkeiten auch. Mit Blut als menschlichem Organ sollen aber keine finanziellen Gewinne gemacht werden. Blut darf zwar nicht zur Handelsware werden, allerdings zahlen Krankenhäuser an Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz Geld für Spenderblut. Freiwillige wiederum können vielfach auch direkt in den Krankenhäusern spenden.

Kann man in naher Zukunft mit Kunstblut rechnen?

Bisher kann nur der Körper selbst das lebenswichtige Blut mit seinen vielfältigen Funktionen bilden. Seit vielen Jahren versucht die Forschung, Kunstblut zu produzieren. Problem ist vor allem das Hämoglobin, der Sauerstofftransporteur. Dafür konnte bisher kein Ersatzprodukt gefunden werden. Experimentiert hatte man dazu auch mit Rinderblut, bis der Rinderwahnsinn (BSE) kam. Experten erwarten für die nahe Zukunft keinen Durchbruch.

Geht der Spender Gesundheitsrisiken ein?

Das Blutspenden schadet der Gesundheit nicht, sondern fördert sie Medizinern zufolge sogar. Minderjährige und Untergewichtige unter 50 Kilogramm dürfen aber nicht spenden. Das Sicherheitsniveau ist laut DRK und Kliniken sehr hoch. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es aber nicht. Bei fünf Millionen Blutspenden kommt es statistisch zu einer HIV-Infektion, bei zehn Millionen Spenden zu einer Hepatitis-C-Übertragung.

dpa/thö