Versicherer lassen sich Windparks teuer bezahlen
Wenn von Atomausstieg und Energiewende die Rede ist, stehen Windparks ganz oben auf der Liste alternativer Energiequellen. Genauer: Offshore-Windparks. Doch sie sind nicht ohne Risiko. Versicherungen lassen es sich teuer bezahlen.
14.06.2011
Von Karin Finkenzeller

Angela Merkel ist neuerdings ein großer Fan von Offshore-Windparks. Seit sie jüngst zusammen mit EnBW-Chef Hans-Peter Villis den ersten Offshore-Windpark in der Ostsee einweihte, kann sie sich gut vorstellen, dies in Zukunft öfter zu tun. Die Windräder draußen im Meer sollen nach den Plänen der Bundesregierung eine tragende Rolle bei der Energiewende spielen. Doch fehlt in den politischen Absichtserklärungen derzeit ein wichtiger Aspekt: Die Investoren, die sich die nicht unerheblichen Risiken solcher Anlagen aufhalsen wollen, stehen nicht Schlange. Viele Versicherungen scheuen ebenfalls noch zurück.

"Es gibt ungefähr eine Handvoll Versicherer, die sich ausdrücklich dazu bereiterklären, weil sie bereits umfangreichere Erfahrungen mit Offshore-Anlagen gemacht haben", sagt Ralf Skowronnek, Leiter des Branchenteams Power beim Industrieversicherungsmakler und Risikoberater Marsh in Hamburg. Zehn bis 20 weitere könne man womöglich nach "intensivem Beratungsbedarf" überzeugen.

Marsh hatte Anfang Mai nach mehr als zwei Jahren Vorarbeit die Errichtungs- und Betriebsversicherung für den Windpark Global Tech I vermittelt, der bis 2013 rund 180 Kilometer vor Bremerhaven in der Nordsee entstehen soll. Das ehrgeizige Ziel der Bundesregierung, bis 2020 rund 10.000 Megawatt Leistung durch Offshore-Windparks zu gewährleisten, sei zu schaffen, sagt Skowronnek. Allerdings nur, "wenn man alle weltweiten Versicherungsmärkte nutzt".

10.000 Megawatt, das ist in etwa die Leistung von zehn Atomkraftwerken. Die 21 Windräder, die Kanzlerin Merkel mit einem symbolischen Knopfdruck in Bewegung setzte, stehen für gerade einmal 48 Megawatt.

Erhebliche Kosten bei Aufbau, Wartung und Reparatur der Parks

Vor wenigen Jahren versicherten deutsche Gesellschaften wie die Allianz oder HDI Offshore-Windparks überhaupt nicht. Hohe Schäden bei Windparks vor Dänemark hatten sie vergrault. Heute sei die Allianz "durchaus in der Lage, Offshore-Anlagen zu versichern", sagt Robert Maurer, Leiter erneuerbare Energien beim Allianz Industrieversicherer AGCS. Die Prämien seien allerdings um das Sieben- bis Zehnfache höher als bei Windkraftanlagen an Land. "Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es um hohe Risiken geht."

Bei Windparks mit Versicherungssummen von 500 Millionen bis 1 Milliarde Euro seien Schadenszenarien von 300 Millionen Euro und höher realistisch, sagt Maurer. Das liegt nicht zuletzt an der Lage weit draußen im Meer. Weil riesige Abschnitte deutscher Küsten unter Naturschutz stehen, können Offshore-Windparks hierzulande nur sehr weit von der Küsten entfernt errichtet werden.

Das verursacht erhebliche Kosten bei Aufbau, Wartung und Reparatur der Parks. Die Windmühlen müssen mit Spezialschiffen transportiert werden, Stürme und hohe Wellen können sie beschädigen, Schiffsanker sich in Seekabeln zur Übertragung der Elektrizität verfangen. Im Winter können selbst Spezialschiffe nicht andocken. Der Ausfall kann für die Investoren sehr teuer werden.

"Keine Bank wird ohne Versicherung finanzieren", ist deshalb für Karl-Christian Hertenberger, Bereichsleiter technische Versicherungen beim Industrieversicherer HDI-Gerling klar. Die Gesellschaft hat eine eigene Mannschaft Kapitäne, die zur Risikobegleichung an Bord gehen, wenn die Anlagen verschifft und gesetzt werden. Ob das Geschäft sich für die Versicherer lohne, müsse sich erst noch zeigen, sagt Hertenberger. Allerdings sei eines auch sicher: "Kein anderer Bereich bei Industrieversicherungen wird in den nächsten Jahren vermutlich so stark wachsen."

dpa