TV-Tipp des Tages: "Ein Fall von Liebe" (ARD)
Kühl und berechnend gewinnt Staranwalt Florian Faber für seine mächtigen Mandanten jeden Fall. Bis er einen schweren Verkehrsunfall nur knapp überlebt bei dem ein Familienvater ums Leben kommt.
10.06.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Ein Fall von Liebe", 16. Juni, 20.15 Uhr im Ersten

Vor einigen Wochen hat das "Erste" die Fortsetzung zu diesem Film gezeigt, und die hat vor allem gezeigt, wie gut der erste Film aus dem Jahr 2009 war; selbst wenn es vor allem Klischees sind, die Autor Ulrich del Mestre in seinem Drehbuch verarbeitet hat. Aber da Regisseur Jorgo Papavassiliou (zuletzt "Mörder kennen keine Grenzen") die Ideen vorzüglich umgesetzt hat, ist "Ein Fall von Liebe" dem einfallslosen Titel zum Trotz ein fesselndes romantisches Drama. Zugeschnitten ist die Geschichte voll und ganz auf Francis Fulton-Smith, der als Leipziger Staranwalt eine schon oft gesehene Metamorphose durchmacht. Zu Beginn lernt man ihn als skrupellosen Juristen kennen, der große Konzerne gegen kleine Leute verteidigt. Nach einem Autounfall, bei dem er beinahe gestorben wäre (inklusive Tunnel mit gleißendem Licht am Ende), überdenkt Florian Faber sein Leben; ihm wird klar, dass die einstigen Ideale im Verlauf seiner Karriere komplett auf der Strecke geblieben sind.

Faber wird Opfer eines perfiden Komplotts

Bei dem Unfall ist ohne Fabers Schuld ein Familienvater gestorben. Zusammen mit seiner Frau (Floriane Daniel) hatte er kurz zuvor aus Gründen der Altersversorgung eine Eigentumswohnung gekauft. Den entsprechenden Kredit sollten die regelmäßigen Mieteinnahmen tilgen. Doch das Ehepaar ist böse reingelegt worden: Die Wohnung steht leer, der Kaufpreis war ohnehin viel zu hoch, und jetzt will die Bank ihr Eigenheim zwangsversteigern. Zum Entsetzen seiner Kanzleipartner, die den Immobilienkonzern als Mandanten gewinnen wollen, schlägt sich Faber auf die Seite der betrogenen Familie. Mit Hilfe der Journalistin Sarah (Mariella Ahrens), in die er sich prompt verliebt, kommt der Anwalt den Machenschaften des Konzerns auf die Schliche, doch der schlägt zurück: Der Jurist wird Opfer eines perfiden Komplotts. Für die Öffentlichkeit sieht es so aus, als sei er durch und durch korrupt, und natürlich ist auch Sarah tief enttäuscht.

Fabers Partner (unter anderem Ex-"Siska" Peter Kremer) fallen mit ihrem Champagner zu jeder Gelegenheit ein bisschen stereotyp aus, während die kleinen Leute das Herz auf dem rechten Fleck haben: Das ist alles mitunter etwas schlicht gestrickt. Aber Fulton-Smith spielt die Wandlung vom Saulus zum Paulus überzeugend, der Plan zu seiner Diskreditierung ist höchst geschickt eingefädelt, und bei den hitzigen Auseinandersetzungen zwischen dem Juristen und der Journalistin fliegen ordentlich die Funken. Dank der sozialen Seite ist die Geschichte für eine Produktion der ARD-Tochter Degeto ohnehin überraschend brisant.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).