Papandreou: Dasein der Nation hängt von Reformwillen ab
Die griechische Regierung malt ein düsteres Bild der Lage und will möglicherweise über Reformen abstimmen lassen. Die Demonstrationen gehen unterdessen weiter. Die EU will jetzt auch europäische Banken ins Boot holen.

Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou hat am Montag die Bürger eindringlich zu gemeinsamen Anstrengungen zur Rettung des Landes aufgefordert. Die Existenz der griechischen Nation hänge von der Einwilligung aller Kräfte in die Umsetzung der nötigen Reformen ab, sagte Papandreou bei einer Sondersitzung des Ministerrates in Athen.

Papandreou übt Selbstkritik

Gleichzeitig übte er Selbstkritik. Er habe sich zu lange damit beschäftigt, Lösungswege zu finden und zu verhandeln, "um das Land vor dem Bankrott zu retten", meinte Papandreou. Seine Rede vor dem Ministerrat, der mehr als sieben Stunden lang tagte, wurde am Abend schriftlich an die Presse verteilt.

Papandreou gab zu, ihm und seiner Regierung sei es bislang nicht gelungen, die "großen und kleinen Oligarchien" zu zerschlagen, die das Land bislang beherrschen. Er schloss nicht aus, die Griechen in einer Volksabstimmung zu den Reformen zu befragen. "Unsere Partner (in der EU) sind bereit zu helfen", sagte Papandreou weiter. Sie müssten aber sehen, dass auch die Griechen entschlossen sind, hieß es.

Der griechische Ministerpräsident versucht derzeit den Griechen klar zu machen, dass ein 78 Milliarden Euro schweres Sparprogramm unbedingt notwendig ist, damit Griechenland weitere Finanzhilfen von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erhält. Bis zum EU-Gipfel am 23./24. Juni sind die Entscheidungen des Ministerrats und der Parlamentsgruppe der Sozialisten von großer Bedeutung. Im Parlament verfügt Papandreou über eine knappe Mehrheit. Das Abstimmungsdatum steht noch nicht fest.

Erneut wütende Proteste gegen griechische Politiker

Die Attacken auf Politiker Griechenlands von wütenden Demonstranten nehmen kein Ende. Rund 100 der sogenannten "Empörten Bürger" schleuderten in Athen Steine und Flaschen in die Richtung der griechischen Staatssekretärin im Arbeitsministerium Anna Dallara. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Gruppe auseinander zu treiben, die gegen die Sparpolitik der sozialistischen Regierung protestierte. Ein Polizist und ein Demonstrant wurden bei dem Vorfall am Montag leicht verletzt, berichtete das Staatsradio am Dienstag weiter.

Am Montagabend demonstrierten abermals tausende Menschen friedlich vor dem Parlamentsgebäude in Athen, um gegen Korruption und Sparmaßnahmen zu protestieren. Die Wut der Straße richtet sich gegen die Politiker und die Sparauflagen von Internationalem Währungsfonds (IWF), EU und Europäischer Zentralbank (EZB). Einige Demonstranten machten auch die EU und Bundeskanzlerin Angela Merkel verantwortlich für ihre Misere. Auch Touristen waren unter den Demonstranten und informierten sich über die Lage im Land.

Viele Griechen machen pauschal alle Politiker des Landes für die Finanzmisere des Landes verantwortlich. Bereits vergangene Woche waren Politiker angegriffen worden. Die Bewegung der "Empörten Bürger" organisiert sich vor allem über das Internet. Die Demonstranten riefen "Diebe, Diebe" in Richtung des Parlaments. Die Proteste verliefen friedlich. Die Organisatoren erklärten, "solange es geht" gegen die Sparmaßnahmen demonstrieren zu wollen.

EU-Kommissar: Banken sollen Griechenland freiwillig helfen

EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte am Montag vor dem Wirtschafts- und Finanzausschuss des EU-Parlaments in Straßburg, europäische Banken sollen Griechenland freiwillig bei der Lösung der Schuldenkrise helfen. Man arbeite zur Zeit an entsprechenden Initiativen, sagte Im Gespräch sind freiwillige Zusagen der Banken, fällig werdende Staatsanleihen durch den Kauf neuer Bonds abzulösen. Damit soll Athen mehr Luft verschafft werden.

EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) hatten Ende vergangener Woche die Auszahlung einer neuen Tranche von 12 Milliarden Euro für Griechenland in Aussicht gestellt. Der luxemburgische Premier und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker äußerte sich optimistisch, dass das neue Hilfspaket bis Ende Juni unter Dach und Fach sein werde.

Juncker forderte die Regierung in Athen auf, für Glaubwürdigkeit zu sorgen und die gesteckten Haushaltsziele zu erreichen. Je mehr privatisiert werde, desto geringer würden die Opfer für die notleidende Bevölkerung, die über die Gerechtigkeit der Einschnitte besorgt sei.

dpa