Der schwule Politiker zeigte sich "entsetzt, dass hier so tastend diskutiert worden ist". Es sei selbstverständlich, dass der Mensch so akzeptiert wird, wie er ist. "Mein Bild von der evangelischen Kirche war ein anderes, auch ein Bild, was weiter war", sagte er.
Beim Thema Schwulenfeindlichkeit sieht Wowereit auch die Politik und andere Funktionsträger in der Pflicht: "Treffen wir uns in der Mitte. Es braucht eine Bewegung von oben und eine von unten", verlangte er. Die frühere Hamburger Bischöfin Maria Jepsen berichtete, sie sei wegen ihres Einsatzes für Homosexuelle "schon schlimm beschimpft worden, mit Morddrohungen und dergleichen mehr".
Die nordelbische Kirche, der Jepsen angehört, gehört zu den liberalsten Gliedkirchen der EKD beim Thema Homosexualität. Unter anderem hatte es dort einen schwulen Bischofsanwärter gegeben. "Lutherisch weltweit sind wir in der Minderheit mit diesen offenen Positionen", gab Jepsen zu bedenken.
Lesbische Musikdirektorin: "Mich stört das Versteckspiel"
Während der Debatte berichteten schwule und lesbische Protestanten von ihren Schwierigkeiten im kirchlichen Umfeld. "Mich stört das Versteckspiel", sagte die Kirchenmusikdirektorin Beate Besser, ein früheres Mitglied der EKD-Synode. Ihr Outing gegenüber der Synode sei zwar als mutig empfunden worden, habe dort aber nicht zu einem Stimmungswandel geführt. Die langwierigen Diskussionen über eine Segnung Homosexueller habe sie als sehr belastend empfunden, sagte Besser, die mit einer Pfarrerin liiert ist.
Auch der Theologe und Seelsorger Traugott Roser aus München berichtete von vielen Hürden. Er bestätigte, dass seine Landeskirche den Segen für homosexuelle Paare vorzugsweise im Verborgenen erteile. Für den Gottesdienst anlässlich seiner Lebenspartnerschaft habe es ein "Abstandsgebot" gegeben, sagte Roser: Die Liturgie sei stark verändert worden, ein Ringtausch sei überhaupt nicht möglich gewesen.