Präses Schneider warnt vor neuer "Kanonenbootpolitik"
Die Reform der deutschen Streitkräfte stößt auf erhebliche kirchliche Vorbehalte. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, kritisiert den geplanten Umbau zu einer Einsatzarmee mit deutlichen Worten. Unterdessen starb bei einem Anschlag in Nordafghanistan erneut ein Bundeswehrsoldat. "Bild.de" meldete am Donnerstag, der Soldat sei noch "am Anschlagsort gefallen". Zwei Armeeangehörige seien schwer und drei leicht verletzt worden.

"Es ist beunruhigend zu sehen, dass die Bundeswehr Stück für Stück zu einer Einsatzarmee umgebaut wird", sagte Schneider der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). "Wir dürfen die Bundeswehr nicht zum Instrument einer Kanonenbootpolitik in neuer Form machen", warnte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. "Weitere Kampfeinsätze zur Durchsetzung welcher Interessen auch immer halte ich nicht für den richtigen Weg."

Diskussion mit Verteidigungsminister

Das Thema Bundeswehr spielt beim 33. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der am Mittwoch in Dresden begann, eine wichtige Rolle. Schneider diskutiert am Freitag mit Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) über die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Die Veranstaltung um 19.30 Uhr steht unter dem Leitwort "Und sie hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen" (Jesaja 2,4) und trägt den Untertitel "Wie ein Christ Friedensethik und Verteidigungspolitik zusammenbringt". Schneider warb in der "Passauer Neuen Presse" für eine "breite gesellschaftliche Debatte darüber, wofür wir die Bundeswehr eigentlich brauchen".

Kanonenbootpolitik meint den Versuch von Großmächten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, ihre Interessen bei kleineren Ländern durch militärische Drohungen, etwa die Entsendung von Kriegsschiffen, durchzusetzen. De Maizière hatte bei der Vorstellung seiner Reformpläne für die Bundeswehr gesagt, dass diese sich künftig auf Auslandseinsätze auch dann einstellen müsse, wenn nicht deutsche Belange berührt würden, sondern dies aus internationaler Verantwortung erforderlich werde. Die Grünen hatten dies begrüßt, wenn es um "globale Sicherheitsinteressen im Auftrag der UNO" gehe, wie ihr Fraktionschef Jürgen Trittin sagte.

epd/dpa