Dresdner Kirchentag nimmt inhaltliche Arbeit auf
Nach der feierlichen Eröffnung des 33. Deutschen Evangelischen Kirchentages beginnen am Donnerstag die mehr als 2.000 Veranstaltungen des Protestantentreffens.

Ein Höhepunkt des Programms am Himmelfahrtstag ist am Vormittag eine Diskussionsrunde mit Bundespräsident Christian Wulff über Integration in Deutschland. Reges Interesse dürften auch die Auftritte der populären Ex-Bischöfin Margot Käßmann hervorrufen, die am Morgen unter anderem eine Bibelarbeit hält und am Nachmittag über Friedensethik diskutiert. Zu dem Kirchentag haben sich rund 118.000 Dauerteilnehmer angemeldet. Das Christentreffen endet am Sonntag.

300.000 Menschen bei Begegnungsabend

Am "Abend der Begegnung" nach der Eröffnung am Mittwoch hatten rund 300.000 Menschen teilgenommen.  Für Donnerstag stehen unter anderem Bibelarbeiten, Vorträge und Diskussionsrunden auf dem Programm. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, nannte den Kirchentag "eine unglaubliche Chance". "Wir müssen Lust machen auf Kirche, die Menschen mit allen Sinnen ansprechen", sagte der rheinische Präses der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). Die Kirche müsse so über den Glauben reden, dass er Relevanz für das tägliche Leben des Einzelnen hat. "Jeder muss verstehen können, was wir sagen", sagte Schneider.

Auch in der Region Dresden, wo nur etwa 25 Prozent der Menschen einer christlichen Kirche angehören, geht vom Kirchentag nach Einschätzung Schneiders eine große Anziehungskraft aus. Auch wenn viele Menschen der Kirche nicht angehören, hätten sich die meisten das Bewusstsein bewahrt, "dass in der Kirche Entscheidendes für ihr Leben gesagt werden kann".

In seinem Grußwort zur Eröffnung hatte Bundespräsident Christian Wulff die Verfolgung von Christen in Ägypten angeprangert. Die koptischen Christen gehörten zu den ältesten christlichen Gemeinden der Welt. "Auch sie haben das Recht, nach ihrem Glauben und ihrer Überzeugung zu leben, und wir stehen an ihrer Seite", betonte der Bundespräsident bei der zentralen Eröffnungsveranstaltung des Christentreffens vor rund 55.000 Menschen auf den Elbwiesen. Bei den drei über die Stadt verteilten Gottesdiensten zum Auftakt zählten die Veranstalter insgesamt 84.000 Besucher.

Thema Bundeswehr

Beim Kirchentag wird in mehreren Veranstaltung über die Auslandseinsätze der Bundeswehr diskutiert. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sitzt am Freitagabend in einer Diskussionsrunde dem EKD-Ratsvorsitzenden Schneider gegenüber. Dieser übte bereits scharfe Kritik an den aktuellen Umbauplänen für das deutsche Militär. "Es ist beunruhigend zu sehen, dass die Bundeswehr Stück für Stück zu einer Einsatzarmee umgebaut wird", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Wir dürfen die Bundeswehr nicht zum Instrument einer Kanonenbootpolitik in neuer Form machen", warnte der rheinische Präses.

Der Deutsche Evangelische Kirchentag findet seit mehr als 60 Jahren an wechselnden Orten statt. Das Dresdner Treffen steht unter dem biblischen Leitwort "... da wird auch dein Herz sein" aus dem Matthäusevangelium. Die nächsten Kirchentage sind für 2013 in Hamburg und 2015 in Stuttgart geplant. Präsidentin des Kirchentages ist derzeit die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Sie steht als Präses auch an der Spitze der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Eröffnungsgottesdienst des 33. Deutschen Evangelischen Kirchentages am Mittwochabend in Dresden. Auf der Videoleinwand spricht Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Im Hintergrund die wiederaufgebaute Frauenkirche. Foto: Anika Kempf / evangelisch.de

Gegründet wurde der evangelische Kirchentag 1949 in Hannover. Gemeinsam mit Freunden initiierte der Theologe Reinhold von Thadden-Trieglaff (1891-1976) die von der Amtskirche unabhängige Bewegung. Bis 1964 war er auch ihr Präsident. Bis 1954 fand der Kirchentag jährlich statt, seit 1957 wird er alle zwei Jahre gefeiert. Mit dem zeitlichen Abstand sollte ein jährlicher Wechsel mit dem Katholikentag ermöglicht werden. In Zusammenarbeit mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken gab es 2003 in Berlin den ersten Ökumenischen Kirchentag, 2010 folgte der zweite in München.

Erstmals nach 1997 in Leipzig gibt es in diesem Jahr wieder einen evangelischen Kirchentag in den neuen Bundesländern. Im geteilten Deutschland gab es bis 1961 eine gemeinsame Kirchentagsarbeit. Nach dem Mauerbau entstand neben dem Kirchentag in Westdeutschland ein Kirchentag in der DDR. 1991 kam es zu einer Wiedervereinigung der Kirchentagsbewegungen von Ost und West. Von den Deutschen Evangelischen Kirchentagen gingen viele Anregungen und Initiativen aus. 1961 begann in Berlin der Dialog zwischen Juden und Christen, 1965 fand in Köln das evangelisch-katholische Gespräch statt. Auch Diskussionen zur Überwindung der deutschen Teilung sowie zu Friedens- und Umweltthemen nahmen hier ihren Ausgang.

epd