Einspruchfrist gegen Auslieferung Mladics läuft ab
Die Frist läuft ab für den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Mladic. Nur noch bis Montagabend können seine Anwälte Einspruch gegen die schon beschlossene Auslieferung des Ex-Generals nach Den Haag einlegen. In Belgrad machten seine Unterstützer Krawall.

Im Auslieferungsverfahren gegen den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic endet heute (Montag) die Einspruchsfrist für die Verteidigung des Ex-Serben-Generals. Ein Belgrader Gericht hatte bereits am Freitag prinzipiell grünes Licht für die Überstellung des 69-Jährigen an das Haager UN-Kriegsverbrechertribunal gegeben. Die Verteidigung hat angekündigt, ihren Einspruch dagegen am Montagabend auf den Postweg bringen zu wollen. Die Richter müssen dann binnen drei Tagen entscheiden.

Unterdessen endete in Belgrad am Sonntagabend eine Demonstration von Mladic-Unterstützern in Chaos und Gewalt. Rechtsextremisten lieferten sich im Zentrum der serbischen Hauptstadt Straßenschlachten mit der Polizei. Die extrem nationalistische oppositionelle Radikale Partei (SRS) brach die Demonstration gegen die drohende Auslieferung Mladics daraufhin ab. Nach Angaben der Polizei wurden mehr als 70 meist jugendliche Randalierer festgenommen.

Ex-General soll schnellstmöglich ausgeliefert werden

Die serbischen Behörden sind entschlossen, Mladic, der für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht wird, fast 16 Jahre nach Ende des Bosnien-Krieges dem UN-Tribunal zu überstellen. "Spätestens in sieben Tagen" werde der Ex-General ausgeliefert, hatte die serbische Staatsanwaltschaft bereits am Freitag mitgeteilt. Der UN-Sicherheitsrat in New York begrüßte die Bemühungen der serbischen Behörden.

In Den Haag trifft Mladic auf ein Richterteam unter deutscher Führung. Der frühere Berliner Justizstaatssekretär Christoph Flügge wurde vom Präsidenten des UN-Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY), Mehmet Güney, am Freitag zum Vorsitzenden Richter bestellt. Der 63-Jährige wird in dem Prozess von einem niederländischen und einem südafrikanischen Richterkollegen unterstützt.

Wegen Völkermord und Kriegsverbrechen angeklagt

Der bereits 1995 wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagte Mladic war am vergangenen Donnerstag in dem etwa eine Autostunde von Belgrad entfernten Dorf Lazarevo bei Zrenjanin verhaftet worden. Dem früheren Militärchef der bosnischen Serben wird tausendfacher Mord vorgeworfen. Neben dem Massaker von Srebrenica, bei dem im Sommer 1995 in der UN-Schutzzone rund 8.000 muslimische Männer und Jungen ermordet wurden, wird der 69-Jährige auch für die jahrelange Belagerung und den Beschuss von Sarajevo verantwortlich gemacht.

Nach einem Zeitungsbericht versteckte sich Mladic im Oktober 2006 nach einem Herzinfarkt zwischenzeitlich auch in einem Kloster. Die Schwestern des Klosters der Heiligen Melanie bei der nordserbischen Stadt Zrenjanin hätten den mit dem Tod ringenden Ex-General abgeschirmt und mit ärztlicher Hilfe versorgt, berichtete die gewöhnlich gut informierte Zeitung "Blic" am Sonntag in Belgrad. Da man mit seinem Tod gerechnet habe, sei die Kirchenkrypta bereits als Grab hergerichtet worden.

Kostunica-Regierung kannte Mladics Aufenthaltsort seit 2006

Nach Berichten der kroatischen Zeitung "Jutarnji list" hat der frühere serbische Regierungschef Vojislav Kostunica jahrelang die Ergreifung Mladics verhindert. Seit 2006 habe die Regierung genau gewusst, wo sich Mladic versteckt hielt, berichtete die Zeitung am Samstag unter Berufung auf Depeschen der US-Botschaft in Belgrad, die von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht wurden. Erst nach dem Ende der Kostunica-Regierung habe die neue Regierung unter Führung der DS-Partei des noch amtierenden Präsidenten Boris Tadic seit 2009 ernsthaft mit der Suche nach Mladic begonnen.

Der frühere Berliner Justizstaatssekretär Flügge war 2008 von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in das Amt eines Richters beim ICTY berufen worden. Er gilt als Experte für das Strafrecht, den Strafvollzug und inzwischen auch als guter Kenner des Völkerstrafrechts. Der an der Freien Universität Berlin ausgebildete Jurist leitete seit 1989 die Abteilung Strafvollzug in der Berliner Senatsverwaltung für Justiz. Flügge war in Deutschland auch als Staatsanwalt und Richter tätig.

Die beiden anderen Richter im Mladic-Verfahren sind der Niederländer Alphonse Orie (63) und der Südafrikaner Bakone Justice Moloto (66). Die Berufung von Richter Orie wurde in niederländischen Medien mit Blick auf das Massaker von Srebrenica als besonders bemerkenswert bezeichnet. Kommentatoren verwiesen auf das Desaster des niederländischen Blauhelm-Bataillons, das die von den UN zur Schutzzone erklärte Stadt vor dem Massenmord kampflos an die übermächtigen bosnisch-serbischen Truppen unter dem Kommando von Ratko Mladic übergeben hatten.

dpa