Schneider: Flüchtlingsaufnahme in der EU "ein Witz"
Die Aufnahme-Zusagen der europäischen Länder an Flüchtlinge aus Nordafrika sind nach Ansicht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) äußerst dürftig.

Die bisherigen Versprechen seien "ein Witz", kritisierte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider am Donnerstag während eines Besuchs in Brüssel. Die EU-Staaten haben bislang die Aufnahme von 800 Flüchtlingen angekündigt. Das lasse sich schwerlich als großzügig bezeichnen, so Schneider: "Die EU hat 500 Millionen Einwohner."

Der EKD-Ratsvorsitzende war zuvor mit der EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström zusammengetroffen, die sich von den Ländern ebenfalls weitere Zusagen wünscht. Sie pocht außerdem auf eine faire Lastenteilung und ein höheres humanitäres Niveau in der Flüchtlingshilfe. "Wir reden dieselbe Sprache", sagte Schneider. Es gehe um die Würde der Menschen. Wer aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt werde, müsse selbstverständlich Schutz finden.

Schneider forderte außerdem für Arbeitsmigranten aus nichteuropäischen Ländern "eine Aufnahmepolitik, die diesen Namen verdient". Europa brauche aus demografischen Gründen die Einwanderung, auch aus Nordafrika, sagte er. Dabei dürfe es allerdings nicht darum gehen, aus Afrika nur die Eliten abzuwerben, unterstrich er.

Schneider mit dem Rat in Brüssel

Schneider war gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern des EKD-Rats zu einem mehrtägigen Besuch in die belgische Hauptstadt gereist. Nach seinem Treffen mit Malmström und weiteren Gesprächen mit EU-Vertretern kam er zu einem öffentlichen Gedankenaustausch mit dem deutschen EU-Kommissar Günther Oettinger zusammen. Dabei zeigte sich Schneider beunruhigt über nationalistische Tendenzen in der Europäischen Union. Das Erstarken nationalistischer Parteien in mehreren Mitgliedstaaten sei beängstigend, sagte er.

Die Vorteile des europäischen Friedens- und Versöhnungsprojekts müssten wieder stärker in den Blick rücken: "Europa hat angesichts sehr eloquenter Gegner zu wenige beredte Befürworter." Die "beredte Loyalität" zum europäischen Projekt schließe kritische Stellungnahmen zur europäischen Politik nicht aus, sagte Präses Schneider. So müsse die EU weiter gegen ihr Demokratiedefizit arbeiten: "Die Menschen befürchten, von wichtigen Entscheidungen abgekoppelt zu werden." Der EKD-Rat hält sich bis Samstag in Brüssel auf.

epd