EHEC-Erreger an spanischen Gurken - weitere Quellen?
Gurken aus Spanien sollen das EHEC-Bakterium ins Land gebracht haben. Experten suchen dennoch nach weiteren Quellen. Die Zahl der Infizierten in Deutschland steigt, drei Todesfälle sind bestätigt. Der gefährliche Keim breitet sich zudem in Europa aus.

Die Experten sind auf ihrer fieberhaften Suche nach der EHEC-Quelle fündig geworden: Gurken aus Spanien sollen für die tödlichen Infektionen verantwortlich sein. An drei Salatgurken aus dem südeuropäischen Land entdeckte das Hamburger Hygiene-Institut den gefährlichen Durchfall-Erreger. "Es ist nicht auszuschließen, dass auch andere Lebensmittel als Infektionsquelle infrage kommen", teilte Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) mit. Weitere Quellen seien aber möglich.

Bislang starben drei Frauen in Deutschland nachweislich an den Folgen der Infektion. Nach dpa-Informationen gibt es bundesweit schon mehr als 700 Verdachts- und bestätigte EHEC-Fälle - die meisten davon in Norddeutschland.

Trotz der Funde gibt das Bundesinstitut für Risikobewertung keine Entwarnung für andere Gurken, Tomaten und Blattsalate. Wer sicher gehen wolle, sollte zunächst ganz auf den Verzehr verzichten. Das Saarland stoppte unterdessen den Verkauf von spanischen Salatgurken.

Spanien leitet Untersuchung ein

Das Gesundheitsministerium in Madrid leitete am Donnerstagabend eine Untersuchung ein. Die Behörden hätten sich mit zwei Agrarbetrieben in den Provinzen Málaga und Almería in Verbindung gesetzt, aus denen die kontaminierten Gurken stammen könnten. Allerdings könne aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Gurken in Deutschland verunreinigt worden seien, so das Ministerium.

Einer der Betriebe, aus dem eine der belasteten Gurken stammen soll, setzte sich gegen die Vorwürfe zur Wehr. "Ich habe das Gefühl, wir müssen als Sündenbock herhalten", sagte der Geschäftsführer in Málaga. Nach seinen Worten gehöre die Gurke zu einer Lieferung, die auf dem Hamburger Großmarkt zu Boden gestürzt sei. Möglicherweise sei die Gurke dabei verunreinigt worden.

Der Chef des Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, machte sich indes für schärfere Regeln für Import-Gemüse stark. "Wir fordern, dass es in der EU einheitliche Standards gibt", sagte er der "Rheinischen Post" (Freitag). "Diese Regeln müssen auch für Drittländer gelten, die zu uns liefern." Im Gegensatz zu den sehr strengen Regeln in Deutschland würden Importe wesentlich lascher geprüft.

Unterstützung dafür kam vom verbraucherschutzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Erik Schweickert. "Es kann nicht sein, dass in Spanien bei der Lebensmittelkontrolle geschlampt wird und in Deutschland dadurch Menschen krank werden", sagte er der "Leipziger Volkszeitung" (Freitag). "Das europaweite Schnellwarnsystem für Lebensmittel muss effizienter werden."

Auch Gurken aus den Niederlanden werden untersucht

Nach Angaben der EU-Kommission wird eine weitere mögliche Infektionsquelle - Gurken aus den Niederlanden - untersucht. Schweden habe zehn Erkrankungen, Dänemark vier, Großbritannien drei und die Niederlande eine gemeldet.

Die Gemüsebauern im Norden zeigten sich nach den neuesten Erkenntnissen erleichtert. "Das schafft hoffentlich etwas Entspannung", sagte der Geschäftsführer der Fachgruppe Gemüsebau Norddeutschland, Axel Boese.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte zuletzt vor dem Verzehr von Salatgurken, Blattsalaten und rohen Tomaten insbesondere in Norddeutschland gewarnt. EHEC-Erkrankte hätten dieses Gemüse häufiger verzehrt als gesunde Vergleichspersonen.

Zahlreiche Restaurants, Kantinen, Krankenhäuser und Kindergärten haben fragliches Gemüse vom Speiseplan gestrichen. Auch viele Handelskonzerne strichen spanische Salatgurken aus ihrem Angebot.

Erreger-Variante resistent gegen Medikamente

Derweil haben Wissenschaftler der Universität Münster den grassierenden Darmkeim EHEC genau identifiziert. Es handele sich um eine seltene und veränderte Variante des Erregers, die gegen viele Medikamente resistent sei, berichtete der Mikrobiologe Prof. Helge Karch. Er leitet das Konsiliarlabor für das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das zu tödlichem Nierenversagen führen kann.

Der derzeitige Ausbruch ist nach Einschätzung des Experten sehr ungewöhnlich. Der Keim sei zwar bekannt, habe weltweit aber noch nie einen Ausbruch der Durchfall-Krankheit verursacht. In wenigen Tagen soll ein Schnelltest für die Bakterien zur Verfügung stehen.

Experten zufolge sei auch ungewöhnlich, dass viele Erwachsene erkrankten und drei Viertel von ihnen vor allem jüngere Frauen seien. Zudem sei bei ihnen die Zeit zwischen dem anfänglichen Durchfall und dem bedrohlichen HUS-Syndrom kürzer als bei Männern.

Deutschland erlebt laut RKI derzeit den stärksten je registrierten EHEC-Ausbruch. Es gebe so viele Erkrankte pro Woche wie sonst in einem Jahr. Das Bakterium - eine besonders gefährliche Form des Darmbakteriums Escherichia coli - sei hochinfektiös.

dpa