Der erwartete Protest blieb aus: Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach besuchte am Montag erstmals seit ihrer Flucht im Winter 1945 ihren Geburtsort Rahmel (Rumia) im nordpolnischen Pommern - und die Reise in die Vergangenheit verlief wider Erwarten weitgehend ohne Störungen.
Erika Steinbach - "Persona non grata"
Die lokalen Behörden und die national-konservative Opposition ignorierten die CDU-Politikerin, die auf viele Polen wie ein rotes Tuch wirkt, ganz einfach. Und sogar die Ordensgemeinschaft der Redemptoristen, die zunächst ihre Kirche vor dem Gast aus Deutschland schließen wollte, öffnete die Türen, damit Steinbach der Fluchtopfer gedenken konnte.
"Wir haben uns von diesem zynischen Besuch nicht provozieren lassen", sagte die Senatorin der national-konservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Dorota Arciszewska-Mielewczyk, der dpa. Noch vor einigen Tagen hatte die als deutschkritisch geltende Politikerin der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen die Einreise verbieten wollen und sie zur "Persona non grata" (unerwünschten Person) erklärt.
Und auch ihr Parteikollege, Andrzej Jaworski, gab zu, dass es keinen Grund zum Protest gegeben habe. Die Bürgermeisterin von Rahmel, Elzbieta Rogala-Konczak, fand keine Zeit, mit Steinbach nach Piasnica zu fahren, wo sich eine Gedenkstätte für NS-Kriegsopfer befindet. Sie habe an diesem Tag viele Kunden gehabt, sagte die Kommunalpolitikerin. Polens Zentralbehörden strafen Steinbachs Aktivitäten seit langem mit Nichtachtung. Auch diesmal gab es aus Warschau keine Reaktionen.
Proteste gerieten zur Farce
Steinbach erklärt sich die Ablehnung, die sie in Polen erfährt, mit ihrer Funktion als BdV-Präsidentin. Der frühere Bundespräsident Horst Köhler war vor zwei Wochen bei seiner Reise zu seinem Geburtsort Skierbieszow in Ostpolen demonstrativ herzlich empfangen worden. Auch Richard von Weizsäcker sei als Staatsoberhaupt mit hohen Ehren empfangen worden, obwohl er doch seinerzeit selbst am deutschen Feldzug gegen Polen teilgenommen habe. "Trotzdem hat man ihm den roten Teppich ausgerollt", sagt sie.
Kritiker in Polen werfen Steinbach vor allem ihr Engagement für das Zentrum gegen Vertreibungen vor, das viele als Versuch sehen, deutsche Kriegsschuld zu relativieren. Dennoch haben sich die Gemüter in letzter Zeit beruhigt. Dies zeigt sich jetzt auch bei Steinbachs Besuch - bei dem die Proteste zeitweilig zur Farce gerieten.
Vor dem Sitz der deutschen Minderheit in Danzig, wo sich die deutsche Politikerin am Sonntagabend mit den Deutschstämmigen getroffen hat, demonstrierten unter dem Transparent "Stoppt Steinbachs Provokationen" ganze vier Mitglieder einer "Liga zur Verteidigung der Souveränität". Und zur Anti-Steinbach-Demo in Rahmel erschienen mit dem Banner "Raus" auch nur wenige Teilnehmer.