Konflikt um Abiyei: Kriegsgefahr im Sudan wächst
Der Konflikt zwischen Nord- und Südsudan um die Ölregion Abiyei droht zu eskalieren. Die Truppen aus dem Norden marschieren weiter, Zehntausende sind geflohen, es gibt Berichte über Plünderungen.

Die umkämpfte sudanesische Stadt Abiyei steht nach UN-Angaben in Flammen. Außerdem plünderten Bewaffnete die Häuser, teilte die UN-Mission im Sudan (UNMIS) am Montag mit. Die Vereinten Nationen und die Bundesregierung forderten unterdessen den sofortigen Abzug der nordsudanesischen Truppen aus dem ölreichen Gebiet. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte, die Zuspitzung der Lage könne den gesamten Friedensprozess in dem afrikanischen Land gefährden.

Am Samstag hatten die Truppen von Sudans Präsident Omar al-Baschir die Stadt Abiyei eingenommen. Die wegen ihrer großen Erdölvorkommen begehrte Region Abiyei ist zwischen dem Nord- und dem Südsudan umstritten. Die Bevölkerung besteht zur großen Mehrheit aus schwarzafrikanischen Ngok-Dinka, die den Anschluss an den Südsudan fordern. Dagegen verlangen die ebenfalls dort lebenden arabisierten Misseriya-Nomaden den Anschluss an den Norden. Bislang stand die Region unter gemeinsamer Verwaltung.

UN und Bundesregierung fordern Truppenabzug

Die UN-Mission verurteilte die Plünderungen und das Brandschatzen und forderte die sudanesische Regierung auf, ihre Truppen aus Abiyei abzuziehen. Die Regierung in Khartum müsse einschreiten, um die "kriminellen Akte" zu verhindern. Etwa 20.000 Menschen und damit fast die gesamte Bevölkerung sind nach Medienberichten aus der umkämpften Stadt geflüchtet.

Außenminister Westerwelle sagte in Brüssel, sowohl die nord- als auch die südsudanesische Seite seien aufgerufen, sich an die Vereinbarungen des gemeinsamen Friedensabkommens zu halten. Die Regierung in Khartum müsse ihre Streitkräfte unverzüglich zurückziehen. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die "anhaltende Eskalation der Gewalt" in der Region Abiyei.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker rief zur Unterstützung des Ngok-Dinka-Volks auf. Rund 70.000 Menschen seien geflohen und bräuchten dringend Nahrung und Medikamente, zitierte die Göttinger Menschenrechtsorganisation den Hilferuf eines südsudanesischen Arztes.

EKD: Für Umsetzung des Friedensabkommens engagieren

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) verurteilte die Kämpfe, die vor allem die Zivilbevölkerung bedrohten. Nach Einschätzung des Sudanbeauftragten des EKD-Rates, Volker Faigle, beweisen die Kämpfe erneut, dass die internationale Gemeinschaft die Pflicht habe, sich für die Umsetzung des Friedensabkommens zu engagieren.

Das Abkommen hatte 2005 einen 22-jährigen Bürgerkrieg zwischen dem Norden und dem Süden beendet, bei dem mehr als zwei Millionen Menschen getötet wurden. Der Vertrag sah im Süden eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit vor, bei dem sich im Januar 99 Prozent der Teilnehmer für eine Loslösung vom Norden aussprachen.

Damals sicherte der sudanesische Präsident Al-Baschir zwar zu, die Abspaltung des Südens zu akzeptieren, warnte jedoch Ende April, seine Regierung werde den Südsudan nicht als neuen Staat anerkennen, wenn dieser Anspruch auf Abiyei erhebe. Gleichzeitig steht Abiyei im Verfassungsentwurf für den Südsudan als Teil des Staatsgebietes.

Am 9. Juli wird der Südsudan voraussichtlich der 54. Staat in Afrika. Er umfasst rund ein Viertel der sudanesischen Landesfläche und ist doppelt so groß wie Italien. Die EU sicherte der Regierung am Montag eine Hilfe von 200 Millionen Euro unter anderem für den Aufbau staatlicher Strukturen zu.

epd