Warum die Kirche für Männer langweilig ist
Die Kirche schreckt Männer eher ab, meint der amerikanische Buchautor David Murrow. Das Gemeindeleben sei für sie langweilig. Männer bräuchten mehr Aktivitäten im Freien, Arbeit, Herausforderungen.
21.05.2011
Von Marcus Mockler

An der Spitze der Kirchen stehen nach wie vor überwiegend Männer. In der katholischen Kirche sowieso, weil dort Frauen nicht einmal zum Priesteramt zugelassen sind. Aber auch bei den deutschen Protestanten gibt es zurzeit mit Ilse Junkermann von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland nur eine Bischöfin.

Dabei wird leicht übersehen, dass Frauen fast alle anderen kirchlichen Bereiche dominieren: insbesondere bei Gottesdienstbesuch und Ehrenamt haben Frauen eine klare Mehrheit. Mit seinem jetzt auf Deutsch erschienenen Buch "Warum Männer nicht zum Gottesdienst gehen" heizt der US-Amerikaner David Murrow auch in Deutschland die kirchliche Geschlechterdebatte neu an.

Murrow ist kein Theologe, sondern TV-Journalist und Vorsitzender der Aktion "Kirche für Männer". Er vertritt die These, dass Kirche Männer eher abschreckt. "Das tatsächliche christliche Leben, wie es von den meisten Gemeindebesuchern gelebt wird, ist ungefähr so herausfordernd wie das Malen mit Fingerfarben und so aufregend wie ein Marmeladebrot", polemisiert er auf dem US-amerikanischen Hintergrund.

Männer in der Bibel: weder nett noch konfliktscheu

Seine Provokation liegt darin, dass er dem modernen beschaulichen Gemeindeleben Männer der Bibel gegenüberstellt. Und die waren weder nett noch konfliktscheu, sondern nahmen waghalsige Herausforderungen an und riskierten im Einsatz für die christliche Botschaft ihr Leben. Dass Männer in anderen Religionen heute eher Heimat finden als im Christentum, wundert Murrow nicht. "Islam und Säkularismus haben Männerherzen mehr zu bieten als die normale Kirchengemeinde."

Als Therapie schlägt Murrow vor, die Männerwelt stärker im Gemeindeleben zu berücksichtigen. Für ihn heißt das: Predigten, die nicht nach Studierstube riechen, sondern auch nach Schweiß, Arbeitswelt und beruflichen Herausforderungen; Aktivitäten im Freien, wo sich der Durchschnittsmann viel lieber aufhält als in einer Kirchenbank; die Gemeinde nicht als Kuschelstube beschreiben, sondern als Kampfgemeinschaft. "Ein Christentum, das auf Risikovermeidung abzielt, wird niemals Männer anziehen", resümiert Murrow.

Ganz so dramatisch sieht Martin Rosowski, seit zwanzig Jahren Geschäftsführer der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die Lage nicht. Männer seien zwar seltener im Gottesdienst, hätten deshalb aber genauso spirituelle Fragen. Es sei viel Loyalität und Gesprächsbereitschaft im Blick auf die Kirche da. Allerdings gelte: Wenn Männer sagten, Kirche sei wichtig, dann meinten sie damit meistens, sie sei wichtig für Alte, Kranke, Frauen und Kinder.

Weniger belehren, mehr Dialog

Rosowski empfiehlt - ähnlich wie Murrow -, männlichen Bedürfnissen entgegenzukommen. "Die gesamte kirchliche Botschaft ist zu belehrend", findet der Geschäftsführer. Wichtiger sei es, mit Männern ins Gespräch zu kommen, den Dialog anzubieten und sie nach ihrem Erleben zu befragen.

Das geschehe etwa durch den jährlichen Männersonntag, der in diesem Jahr am 16. Oktober stattfindet. Ein Werkheft in einer Auflage von 8.000 Exemplaren geht an Multiplikatoren in der Kirche. Die sollen dann mit Männern vor Ort das Thema "In den Schwächen mächtig - Männer zwischen Macht und Ohnmacht" vorbereiten.

Zahlen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) belegen, dass Frauen an leitenden Positionen im Kommen sind. Von den 14.300 beschäftigten Theologen ist schon fast jeder dritte weiblichen Geschlechts. Noch stärker der Trend an der Universität: Über 56 Prozent der 2.400 Studenten der evangelischen Theologie sind Frauen. Es spricht also zumindest die Statistik dafür, dass in den nächsten Jahrzehnten auch die Bischöfinnenquote ansteigen wird.


David Murrow, Warum Männer nicht zum Gottesdienst gehen. 288 Seiten, EUR 14,95. Verlag cap-Books (Haiterbach) 2011.

epd