Vorausgegangen war ein intensiver Beratungsprozess, an dem 105 GEKE-Kirchen in 30 Ländern beteiligt waren. In der Broschüre mit dem Titel "A time to live and a time to die" betonen die Kirchen, dass die Sterbehilfe und die Beihilfe zur Selbsttötung theologisch-ethisch nicht zu rechtfertigen seien. Sie sehen allerdings auch die Autonomie von Patienten in ausweglosen Situationen und erkennen an, dass es Grenzen gebe, die auch eine Kirche nicht überschreiten könne. Die Autonomie des Menschen steht nach Ansicht der GEKE-Kirchen in einem Spannungsfeld mit der Pflicht zum Schutz des Lebens und der menschlichen Solidarität - diese drei Prinzipien sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden, so die GEKE.
Die evangelischen Kirchen setzen sich dabei für den Schutz der Menschenrechte von Sterbenden und Sterbenskranken ein: Dies schließe das Recht auf ein Leben bis zum Ende und das Recht auf einen Behandlungsverzicht ein. Die Kirchen verlangen außerdem, dass die sozialen, medizinischen und pflegerischen Rahmenbedingungen für ein würdiges Leben und Sterben verbessert werden müssten. "Dazu gehören ein Auf- und Ausbau von Hospizeinrichtungen und die Förderung der Palliativpflege in Theorie und Praxis."
Es ist das erste Mal überhaupt, dass die GEKE-Kirchen sich gemeinsam zum Thema Sterbehilfe positionieren. "Wer sich in der kirchlichen Diskussion ü?ber Sterben und Tod in Europa etwas auskennt, weiß, wie unterschiedlich die nationalen kirchlichen Voraussetzungen und Zugänge sein können", sagte Thomas Wipf, Präsident der GEKE. "Es ist eine der großen Stärken des Protestantismus in Europa, solche Differenzen wahrzunehmen, ernst zu nehmen und zu Wort kommen zu lassen."