Haftbefehl: Gaddafi soll vor Gericht
Drei Monate nach dem Ausbruch der Unruhen in Libyen hat der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) Haftbefehl gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi beantragt. Auch dessen Sohn Saif al-Islam sowie Geheimdienstchef Abdullah Sanussi sollen festgenommen werden.

Sanussi und al-Islam müssten sich vor dem Tribunal wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten, verlangte Staatsanwalt Luis Moreno-Ocampo am Montag in Den Haag. Die Staatsanwaltschaft werfe den drei Verdächtigen die Tötung von mindestens 500 bis 700 Demonstranten bei friedlichen Kundgebungen vor, sagte der Chefankläger vor der internationalen Presse.

Sie lege ihnen auch den Einsatz schwerer und teils sogar verbotener Waffen - speziell Splitterbomben - gegen Zivilisten sowie gezielte Vergewaltigungen als Mittel zur Einschüchterung der Bevölkerung zur Last. "Gaddafi hat die Verbrechen verübt, um seine Macht zu sichern", erklärte Moreno-Ocampo auf einer Pressekonferenz. Diese Verbrechen gingen weiter, "während wir hier versammelt sind."

Das Regime in Tripolis zeigte sich nach außen hin unbeeindruckt. Bereits Stunden vor der Ankündigung Moreno-Ocampos hatte der stellvertretende libysche Außenminister Chalid Kaim Gelassenheit signalisiert. Der IStGH sei ein "Baby der Europäischen Union (EU), um afrikanische Führer zu verfolgen", sagte er in Tripolis. Seine Regierung werde die Haftbefehle "ignorieren".

Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte den Antrag. "Ein Mann, der einen Krieg gegen das eigene Volk führt, der muss sich auch verantworten", sagte Westerwelle bei einem Besuch in Marokko.

In Libyen suchen indes immer mehr Militärs und Politiker das Weite. Tunesische Medien meldeten in der Nacht zum Montag, drei Offiziere der libyschen Armee hätten sich mit einem Boot aus der Stadt Al-Sawija nach Tunesien abgesetzt. Der Militärsprecher der Aufständischen in Bengasi, Ahmed al-Bani, sagte, am Montag habe es erneut Gefechte zwischen den Revolutionären und den Truppen des Regimes in der Ortschaft Taworgha gegeben, die südöstlich der seit Wochen umkämpften Stadt Misrata liegt.

dpa