Fernseh-Wette bringt Millionen Wasser, Nahrung und Bildung
Wasser, Nahrung und Bildung - Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe hat Millionen Menschen die Chance einer besseren Zukunft gebracht. Vor 30 Jahren, am 16. Mai 1981, begann die Geschichte von Menschen für Menschen mit einer "Wetten, dass..?"-Sendung.
15.05.2011
Von Sabine Dobel

"Früher gab es hier nie Wasser", sagt Abdi Ahmed Ali und deutet auf das Rinnsal zwischen seinen Kaffeepflanzen. "Ihr müsst wirklich wissen: Das große Problem war das Wasser." Der Bauer aus dem Dorf Gambela im Osten Äthiopiens kann heute mit dem Ertrag seines Bodens seine Familie ernähren. Das war nicht immer so. Bevor Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe Menschen für Menschen der Region Babile mit einem ganzheitlichen Programm aus Aufforstung, neuen Ackerbau-Methoden, Brunnenbau und Bildungs- und Gesundheitsprojekten half, herrschten oft Hunger und Krankheit.

Es war die dritte Sendung von "Wetten, dass..?", die das Leben von Millionen Menschen in Äthiopien verändert hat. Vor 30 Jahren, am 16. Mai 1981, forderte der Schauspieler Karlheinz Böhm, bis dahin vor allem bekannt aus romantischen "Sissi"-Filmen, die Zuschauer heraus: Er wettete, dass nicht jeder von ihnen eine Mark, einen Franken oder sieben Schilling für die notleidenden Menschen in der Sahelzone spendet. Böhm behielt recht - trotzdem kamen auf Anhieb 1,2 Millionen D-Mark zusammen, und als er Monate später nach Afrika fuhr, um mit dem Geld persönlich Hilfe anzustoßen, waren es schon 2 Millionen Mark.

Wasserversorgung für Tausende geschaffen

Seitdem hat die Organisation zusammen mit der Bevölkerung mehr als 275 Schulen, mehr als 80 Krankenstationen und mehr als 1.500 Wasserstellen gebaut. Zehntausende Äthiopier bekamen in Landwirtschaftskursen bessere Methoden zur Bewirtschaftung ihres kargen Landes gezeigt. In den Projektregionen gehen an die 90 Prozent der Kinder in die Schule - gut doppelt so viele wie im Landesschnitt. Die grausame Tradition der Beschneidung von Frauen ist praktisch ausgerottet und viele Paare betreiben Familienplanung. Sie haben begriffen, dass viele Kinder am Ende eben nicht die Ernährung sichern, sondern im Gegenteil die Lebensgrundlage irgendwann nicht mehr für alle reicht.

Allein in der Region Babile hat Menschen für Menschen gut 120 Wasserstellen, zumeist Pumpbrunnen, eingerichtet. Früher holten etwa die Bewohner von Gambela ihr Wasser teilweise aus einem schmutzigen Rinnsal. Jedes Jahr seien Menschen in seiner Verwandtschaft an den Folgen von Infektionen gestorben, berichtet Abdi Ahmed Ali. Heute holen die Frauen mit ihren gelben Kanistern sauberes Wasser vom nahen Brunnen. Weiterer Vorteil: Die Mädchen, die früher stundenlang über Kilometer Wasser heranschleppen mussten, können endlich die Schule besuchen. Auch Abdi Ahmed Alis fünf Kinder gehen in den Unterricht, wie der Bauer stolz berichtet.

Zum 30-jährigen Jubiläum will Menschen für Menschen vor allem das Engagement in der Bildung verstärken. Mit einer Neuauflage der Fernsehwette sammeln deshalb bis 9. Juni 24 Städte bundesweit Spenden für weitere Schulen. Sie haben mit Karlheinz Böhm und seiner äthiopischen Frau Almaz gewettet, dass jeder dritte Einwohner einen Euro spendet.

Böhm wird in Äthiopien gefeiert

Wenn Karlheinz Böhm, der mit Frau und beiden Kindern bei Salzburg lebt, ins Land kommt, wird der 83-Jährige gefeiert wie ein König: Vater Karl, Doktor Karl oder Mister Karl nennen ihn die Äthiopier - oder in der Landessprache Amharisch: Ato Karl. Böhm hatte nach der "Wetten, dass..?"-Sendung vor 30 Jahren in den Botschaften von Tschad, Sudan und Äthiopien die Hilfe angeboten. Aber nur Äthiopien erlaubte ihm, das Geld selbst zu bringen und ohne Vorschriften zu verwenden. "Ich habe keine Bedingung gestellt - außer, dass man keine Bedingungen an mich stellt", sagt Böhm. "Wir haben von vornherein gesagt, dass wir politisch, wirtschaftlich und religiös unabhängig sein wollen."

Mit Helfern der Hilfsorganisation Relief and Rehabilitation Commission (RRC) fuhr Böhm im Oktober 1981 zu einem Flüchtlingslager an der Grenze zu Somalia rund 660 Kilometer östlich von Addis Abeba. Das Elend erschüttert Böhm, doch er sieht eine Lösung: eine brachliegende staatliche Farm im nahen Erer-Tal. Vermittelt vom örtlichen Regierungsvertreter finden die Halbnomaden dort eine neue Heimat. Ganda Nagaya nennen sie ihr neues Dorf, zu deutsch: Frieden. Heute stehen die Menschen dort auf eigenen Füßen, die Kinder gehen zur Schule - Menschen für Menschen konnte sich zurückziehen.

"Dass wir eines Tages nicht mehr gebraucht werden, das ist unser Ziel", sagt Almaz Böhm, die zunehmend die Arbeit ihres Mannes weiterführt. "Aber davon sind wir weit weg." Nur in zwei von elf Projekt-Regionen hat die Organisation ihre Arbeit weitgehend beendet, und noch stehen auf der Warteliste viele Regionen, die sich um Hilfe beworben haben. Almaz Böhm verspricht ihnen: "Wir werden alles tun für die Menschen, die unsere Hilfe brauchen."

dpa