Philipp Rösler verspricht der FDP den Wiederaufstieg
Die FDP hat nach zehn Jahren einen Schlussstrich unter die Ära Westerwelle gezogen: Der neue starke Mann heißt Philipp Rösler. Als Parteichef, Vizekanzler und Wirtschaftsminister soll er die FDP aus ihrer Dauerkrise führen.

Die FDP hat sich endgültig von der Ära Guido Westerwelle verabschiedet. Mit großer Mehrheit wurde am Freitagabend der neue Wirtschaftsminister Philipp Rösler zum Parteichef gewählt. Der 38-Jährige wird Westerwelle auch als Vizekanzler der schwarz-gelben Koalition beerben. Rösler versprach den mehr als 660 Delegierten, die Partei wieder zu alter Stärke zu führen. Derzeit liegt die FDP bundesweit nur bei fünf Prozent.

Für Rösler stimmten in Rostock 619 Delegierte (95,1 Prozent). Gegen ihn entschieden sich 22 Delegierte, 10 enthielten sich. Das bedeutet eines der besten Ergebnisse in der Geschichte der FDP.

Der bisherige Gesundheitsminister kündigte an, die Partei über die Steuer- und Wirtschaftspolitik hinaus wieder für weitere Themen zu öffnen. "Ich verspreche Ihnen: Ab jetzt, ab heute geht der Wiederaufstieg der Freien Demokraten endlich los."

Einstündige Abschiedsrede von Guido Westerwelle

Auch in der übrigen Führung stellt sich die FDP neu auf. Bei der Wahl von Röslers Stellvertretern erhielt die bisherige Fraktionschefin Birgit Homburger mit 66,1 Prozent der Stimmen einen Denkzettel. Zu weiteren Vizevorsitzenden wurden Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (85,5 Prozent) und - als Vertreter der Ost-Verbände - Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow (89,35) gewählt. Der hessische Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn schaffte es nur knapp als Mitglied ins Präsidium (52,5). Generalsekretär Christian Lindner wurde mit einem etwas schwächeren Ergebnis (87) als bei Amtsantritt vor einem Jahr bestätigt.

Westerwelle kündigte in seiner einstündigen Abschiedsrede an, Rösler im neuen Amt voll zu unterstützen. "Ich werde meinem Nachfolger nicht ins Lenkrad greifen", versprach der 49-Jährige, der die FDP als Generalsekretär und Parteichef 17 Jahre lang geprägt hatte. Der Außenminister gab Fehler zu und entschuldigte sich auch dafür. Unterm Strich zog er jedoch eine zufriedene Bilanz seiner Ära. "Wir haben mehr richtig als falsch gemacht."

Die meisten Delegierten dankten Westerwelle sieben Minuten lang stehend mit Applaus. Allerdings blieb eine größere Anzahl auch sitzen und verzichtete auf jeden Beifall. Westerwelle hatte Tränen in den Augen. Rösler forderte für seinen Vorgänger Respekt - "vor Deiner Leistung, Deiner Person und Deinem Amt als Außenminister". Zu einer Debatte, ob Westerwelle nach der bisherigen Regierungsarbeit auch das Auswärtige Amt aufgeben müsse, kam es nicht.

Neuer Gesundheitsminister Bahr: "Nicht nur auf ein Thema konzentrieren"

Begonnen hatte der Parteitag mit einer Rede des neuen FDP-Fraktionschefs Rainer Brüderle. Der bisherige Wirtschaftsminister gab zu, dass sich die FDP in einer "schweren Krise" befindet. Vor der Bundestagswahl 2009 habe die FDP hohe Erwartungen geweckt, aber "bisher nicht genügend geliefert". Auch viele Delegierten kritisierten den Zustand der Partei. Persönliche Angriffe gegen Westerwelle gab es aber kaum. Auch die vor dem Parteitag viel kritisierte Homburger wurde nicht offen attackiert.

Der neue Gesundheitsminister Daniel Bahr forderte ebenfalls eine breitere Aufstellung der Partei neben der Wirtschaftspolitik. "Wir dürfen uns nicht einreden lassen, dass wir uns nur auf ein Thema konzentrieren." An diesem Samstag will Rösler in einer Grundsatzrede den künftigen Kurs der FDP abstecken. Inhaltlich wird der Parteitag die Positionen zur Energiewende, zur Euro-Stabilität und zur Bildungspolitik festlegen.

Die Koalitionspartner CDU und CSU gratulierten Rösler. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte, Rösler habe "stets vertrauensvoll mit der CDU zusammengearbeitet" und "bringt alle Voraussetzungen mit, die FDP erfolgreich zu führen".

Trotz des personellen Umbaus kommt die FDP aus dem Stimmungstief nicht wirklich heraus. Zwar legte sie laut einer ARD-Umfrage um einen Punkt auf 5 Prozent zu. Allerdings sind 61 Prozent der Deutschen der Meinung, dass mit der FDP verlässliche Politik nicht mehr möglich ist. Nur 30 Prozent sehen die FDP mit Rösler auf dem richtigen Weg.

dpa