"Geister all inclusive", 19.5., 20.15 Uhr, RTL
Die Bewertung dieser Gruselfilmparodie als "geistreichste Komödie des Jahres" verbietet sich zwar, weil schon der Sender damit wirbt; aber völlig verkehrt ist das Prädikat keineswegs, und das nicht bloß, weil die Spukgestalten so zahlreich auftreten. Natürlich darf man den Film nicht ernst nehmen, zumal sich Derek Meister auch einigen Klamauk erlaubt; anders als seine ebenfalls für RTL geschriebenen Abenteuergeschichten "Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen" und "Die Jagd nach der Heiligen Lanze" ist der Humor hier alles andere als wohl dosiert. Die Geschichte ist auch nicht originell und zudem das Gegenteil von komplex: In einem Fünf-Sterne-Hotel auf Mallorca spukt's. Aber diese Reduktion aufs Wesentliche galt auch schon für den Klassiker "Das Wirtshaus im Spessart"; die Frage ist eben bloß, was man draus macht.
Axel Sand (Regie und Kamera) macht mehr daraus, als angesichts Klamaukpotenzials zu befürchten war. Das Resultat ist zwar nicht gerade preisverdächtig, aber das Ensemble hat offenbar seine Freude dran gehabt, mit Bedacht übers Ziel hinauszuschießen. Das gilt vor allem für "Cobra 11"-Star Erdogan Atalay, der mit eindrucksvoll überzeugendem Akzent Ramon, den überforderten stellvertretenden Manager des Spukhotels, spielt. Karriere, Liebe, die unheimlichen Begegnungen: Alles überfordert den armen Kerl, der schließlich doch noch über sich hinauswächst. Und wenn man genau hinschaut, wird man erkennen, dass Atalay gegen Ende auch in die Rolle von Ramons uraltem Onkel schlüpft.
Freundlicher Humor
Seinen Partner bei der Geisterjagd verkörpert Kai Schumann: Michael Hagen will immer das Richtige machen und wirkt daher ein bisschen zu brav; dem despotischen Brinkmann (Ralph Herforth), zynischer Chef der Hotelkette, ist er schon nicht gewachsen, aber gegen seine ebenso verführerische wie intrigante Kollegin (Florentine Lahme) hat er noch weniger Chancen als gegen die Geister. Die sind natürlich die Stars des Films und bei der Firma Chris Creatures in monatelang Computerarbeit in die Bilder hinein animiert worden. Äußerlich irgendwo zwischen Kartoffel und gigantischem Gartenzwerg angesiedelt, sorgen sie in nimmermüder Freude am Schabernack dafür, dass Hagen im Hotel kaum dazu kommt, seiner Frau (Annette Frier) den Nachwuchswunsch zu erfüllen. Rebecca Hagen ist überzeugt, der Urlaub seien die nachgeholten Flitterwochen und darf auf keinen Fall erfahren, warum Michael wirklich nach Mallorca musste.
Die Scherze gab's in vergleichbaren Filmen ähnlich, aber ungleich böser, und dass sich am Ende das Tor zur Hölle öffnet, weshalb gleich das Schicksal der ganzen Welt auf dem Spiel steht, treibt den Unfug fast zu weit. Aber Sand sorgt im Zusammenspiel mit den Komponisten Nick Glowna und Siggi Müller immer wieder für ironische Brüche: Der eine zitiert "Apocalypse Now", die anderen "Ghostbusters". Natürlich tragen alle Beteiligten richtig dick auf. Wenn sich die Geisterjäger mit Weihwasser, Knoblauch, angespitzten Pfählen und Silberkugel auf die Geisterjagd machen, ist das fast schon die Persiflage einer Gruselfilmparodie; Slapstick gibt es ohnehin bis zum Abwinken. Aber Spaß macht dieser von Hermann Joha ("Alarm für Cobra 11") produzierte Film trotzdem; nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).