Bischof Ulrich: Risiko der Kernenergie ist nicht eingrenzbar
Der Schleswiger Bischof Gerhard Ulrich fordert den kompletten Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft. Das Risiko der Kernenergie sei weder räumlich noch zeitlich eingrenzbar, sagte Ulrich am Donnerstagabend bei der Aufzeichnung der evangelischen Fernseh-Talkshow "Tacheles" in Hannover.

"Das ist eine Technik, die in der Lage ist, den Bestand der Schöpfung zu gefährden", sagte Bischof Ulrich. Es sei sehr gut, dass darüber in Deutschland unter anderem in der Ethik-Kommission zur Atomenergie zurzeit intensiv diskutiert werde.

Der "Spiegel"-Autor Jan Fleischhauer hält dagegen die Debatte um die Kernenergie für hysterisch. Der Reaktorbrand in Fukushima sei für die Protestszene in Deutschland ein willkommener Anlass, den Ausstieg aus der Kernenergie durchzusetzen, sagte er in der Diskussion zum Thema "Zwischen Angst und Verantwortung: Wird Deutschland zum Anti-Atom-Staat?" Es werde diskutiert, welche Folgen ein Flugzeugabsturz auf ein Atomkraftwerk habe. Das Risiko eines Absturzes auf ein Chemiewerk ängstige aber nicht in gleichem Maße: "Deutsche fürchten sich offenbar besonders vor Strahlung."

Die Atomkraftgegnerin Anna Gräfin von Bernstorff entgegnete: "Ich zweifle an dem, der keine Angst hat." Noch heute stürben Menschen an den Folgen des Reaktorunglücks von Tschernobyl vor 25 Jahren. Die Nutzung der Kernenergie erlaube keine Fehler. Sie erfordere, dass für 400.000 Generationen Sicherheit gewährt werde: "Das ist etwas, was das menschliche Maß bei weitem übersteigt." Die Familie der Gräfin aus Gartow bei Gorleben engagiert sich seit mehr als 30 Jahren gegen die Atomkraft, auch in kirchlichen Gremien. Dafür seien sie in der Vergangenheit oft angefeindet worden.

Ausstrahlung am Sonntag, 15. Mai

Dieter Marx, Geschäftsführer des Deutschen Atomforums, sieht dagegen die Nutzung der Kernenergie weiterhin als vertretbar an. "Denn die deutschen Kernkraftwerke erfüllen Spitzenstandards an Sicherheit." Ein Ausstieg aus der Atomenergie habe Auswirkungen auf den Klimawandel und die Energiepreise, warnte Marx. "Er wird auch die Industrie-Strompreise steigen lassen. Das kann dazu führen, dass bestimmte Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig sind." In allen Konzepten sei jetzt Gas die neue Brücke zu den erneuerbaren Energien. "So werden wir unsere Klimaziele nicht ereichen."

Die einstündige Debatte wird am Sonntag, 15. Mai, um 13 und um 22.30 Uhr auf Phoenix ausgestrahlt. Die Talkshow "Tacheles" wird getragen von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der hannoverschen Landeskirche und der Klosterkammer Hannover.

epd