Ein ehemaliger Mitstreiter wirft der Internet-Enthüllungsplattform Wikileaks vor, ihre Aktivisten mit der Androhung einer Millionenstrafe zur Verschwiegenheit zu zwingen. WikiLeaks verteidigt das Vorgehen und spricht von böswilligen Lügen.
WikiLeaks-Helfer sollten sich zur Verschwiegenheit verpflichten - und bei Verstößen mit einer Strafe von zwölf Millionen Pfund (rund 14 Millionen Euro) rechnen, erklärte ein ehemaliger WikiLeaks-Mitarbeiter, der jetzt für die Tageszeitung "The Guardian" arbeitet. Er habe sich im Januar dieses Jahres trotz erheblichen Drucks des WikiLeaks-Gründers Julian Assange geweigert, die Vereinbarung zu unterzeichnen, schrieb der "Guardian"-Journalist James Ball.
Extrem restriktive Verschwiegenheitserlärung
Zuvor hatte die Wochenzeitung "New Statesman" im Internet ein entsprechendes Dokument veröffentlicht. Es sei seine Kopie des Vertrages gewesen, schrieb Ball. Aufgrund seiner Tätigkeit für mehrere Medien sei er es gewohnt, mit Verschwiegenheitserklärungen umzugehen, schrieb Ball. "Das WikiLeaks-Dokument ist das um Größenordnungen restriktivste, das mir jemals untergekommen ist".
Er sei im Januar der einzige aus einer Gruppe von rund zehn Leuten gewesen, der seine Unterschrift verweigert habe, berichtete Ball. Assange und seine Vertrauten hätten danach stundenlang versucht, ihn doch noch zum Unterzeichnen zu bringen. Einige Aktivisten hätten nach seinem Vorstoß auch ihre Verträge zurückgewollt, dies sei jedoch abgelehnt worden.
Unter anderem wird in dem veröffentlichten Text darauf verwiesen, dass WikiLeaks durch Indiskretionen Einnahmen aus einem möglichen Verkauf der Informationen an Medien entgehen könnten. Die Summe "im Bereich" von zwölf Millionen Pfund basiere auf der "typischen Bewertung der Informationen auf dem freien Markt".
WikiLeaks sieht eine Verschwörung am Werk
WikiLeaks verteidigte das Vorgehen. "WikiLeaks arbeitet an Informationen, die das Schicksal von Staaten und anderen mächtigen Gruppen verändern können", hieß es beim Internet-Kurznachrichtendienst Twitter. Man sei stolz darauf, jedes mögliche Instrument einzusetzen, um Quellen, Mitarbeiter und Freiwillige vor diesen Gruppen zu schützen. WikiLeaks habe keine Rohinformationen verkauft. Die "kontextuelle Berichterstattung" sei böswillig falsch und komme von "feindseligen Akteuren", die schon länger versuchten, der Organisation zu schaden.
Es ist nicht das erste Mal, dass WikiLeaks in Streit mit früheren Aktivisten gerät. Der ehemalige deutsche WikiLeaks-Mitarbeiter Daniel Domscheit-Berg ist im vergangenen Jahr aus dem Projekt ausgestiegen. Anschließend veröffentlichte er ein Buch über seine Erfahrungen. Bei WikiLeaks gebe es keine Transparenz, kritisierte Domscheit-Berg, der inzwischen das Konkurrenzprojekt OpenLeaks gegründet hat. Vielmehr seien Entscheidungsprozesse allein von der Person des Gründers Julian Assange abhängig.