Atomkommission empfiehlt Merkel Ausstieg bis 2021
In der Atomdebatte nennt die von Kanzlerin Angela Merkel eingesetzte Ethikkommission erstmals ein konkretes Ausstiegsdatum: 2021 oder früher. Überraschend ist, dass jetzt schon ein Entwurf kursiert, da die Ergebnisse der technischen AKW-Überprüfung noch nicht vorliegen.
11.05.2011
Von Georg Ismar

Die für die Regierungsentscheidung mit maßgebliche Ethikkommission hält einen Atomausstieg bis 2021 oder früher für machbar. Das geht aus dem Entwurf für den Abschlussbericht hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über den auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und "Spiegel online" berichteten.

Die sieben wegen des Moratoriums der Regierung bis Mitte Juni abgeschalteten Atomkraftwerke sollen für immer vom Netz bleiben, empfiehlt der sogenannte 17-köpfige Rat der Weisen. "Die einstweilige Stilllegung der sieben ältesten Atomkraftwerke zeigt, dass die etwa 8,5 Gigawatt Leistung dieser sieben Kraftwerke und des Atomkraftwerks Krümmel ohne Probleme ersetzt werden kann", heißt es in dem Entwurf.

Abschlussbericht ohne das Ergebnis der Reaktorprüfung

Die vom früheren Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) und dem Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner, geführte Kommission mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Kirchen war von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als Konsequenz aus der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima eingesetzt worden.

Der Abschlussbericht soll am 30. Mai der Regierung übergeben werden. Eigentlich soll dieser auch das bis Mitte Mai erwartete Ergebnis der Reaktorsicherheitskommission aufnehmen, die für die technische Überprüfung der 17 deutschen AKW zuständig ist. Auf Basis beider Berichte will die Bundesregierung am 6. Juni ein Gesetzespaket mit einem Enddatum für die Nutzung der Kernenergie beschließen, bis 8. Juli sollen Bundestag und Bundesrat entscheiden.

In dem 28 Seiten umfassenden Papier mit dem Titel "Deutschlands Energiekonsequenz - Ein Gemeinschaftswerk Energiezukunft Deutschland" wird mit Blick auf einen GAU betont: "Diese Folgen lassen sich weder räumlich noch zeitlich noch sozial begrenzen". Um solche Unfälle zu vermeiden, dürfe die Kerntechnik nicht mehr verwendet werden. "Die Ethikkommission empfiehlt einen vollständigen Ausstieg aus der Kernenergie", heißt es als Schlussfolgerung.

"Ausstiegskorridor" von zehn Jahren

Am besten sei es, von einem "Ausstiegs-Korridor" zu sprechen, wird betont. Experten aus Wissenschaft und Energiewirtschaft hätten einen Zeitraum von zehn Jahren als machbar bezeichnet, also bis 2021. Im besten Falle könne der Korridor aber so verkürzt werden, dass das letzte Atomkraftwerk schon deutlich eher vom Netz gehen könnte. Hier wird in dem Entwurf aber noch keine konkrete Jahreszahl genannt.

In welcher Reihenfolge Kernkraftwerke abgeschaltet werden, müsse sich nach den Maßstäben der Reaktorsicherheit und ihrer Bedeutung für das Stromnetz richten und nicht nach der bisherigen Betriebsdauer.

Zudem solle der Ausstiegskorridor regelmäßig überprüft werden. Prüfkriterien seien die Auswirkungen auf die Preise, die Stabilität der Stromversorgung, die Ausstöße von Kohlendioxid und die Entwicklung bei Stromimporten. Ob der Atomausstieg zu höheren Strompreisen führe, sei nicht exakt vorauszusagen, Schätzungen schwankten zwischen 0,1 und 5 Cent mehr pro Kilowattstunde.

Ausstieg ja, aber ohne mehr CO2-Ausstoß

Um die Energiewende zu beschleunigen, wird ein Bündel an Maßnahmen empfohlen, etwa auch eine deutliche Aufstockung der Gelder für die Gebäudesanierung, um hier Energie einzusparen. Zudem könne sich ein Ausstieg aus der Kernenergie und ein Ausbau von erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie zum Wachstumstreiber entwickeln.

Betont wird, dass der Klimawandel wie die Atomkraftnutzung ein großes ethisches Risiko darstelle, daher dürfe der Atomausstieg nicht mit einem starken Anstieg der CO2-Emissionen einhergehen. Diese fallen besonders bei der Stromgewinnung in Kohlekraftwerken an.

Um den Ausstiegsprozess zu begleiten empfiehlt die Kommission die Benennung eines "Parlamentarischen Beauftragten für die Energiewende" und die Einrichtung eines "Nationalen Forums Energiewende".

dpa