Neun Tote bei Gewalt zwischen Muslimen und Christen in Kairo
Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Muslimen und koptischen Christen sind am späten Samstagabend in der ägyptischen Hauptstadt mindestens neun Menschen getötet worden. Wie das Gesundheitsministerium am Sonntag mitteilte, wurden weitere 144 Menschen verletzt.

Nach Angaben von Augenzeugen waren hunderte fundamentalistische Muslime im Kairoer Armenviertel Imbaba vor eine Kirche gezogen, weil sie vermuteten, dass dort eine erst kürzlich vom Christentum zum Islam konvertierte junge Frau festgehalten werde. Schüsse seien gefallen und Molotowcocktails geworfen worden. Unter den Toten seien auch mindestens zwei Muslime, hieß es.

Ministerpräsident Essam Scharaf berief für den Sonntag eine Sondersitzung seines Kabinetts ein und sagte einen am selben Tag in Bahrain geplanten Besuch ab. Kurz nach dem Zwischenfall in Imbaba zogen koptische Christen vor die US-Botschaft in Kairo. Sie kündigten an, solange dort ausharren zu wollen, bis der US-Botschafter mit ihnen über die "Ungerechtigkeiten gegen die christliche Minderheit" spreche.

Unmut über gemischt-religiöse Paare

Die Frau, die angeblich in der Kirche festgehalten wurde, sei zum Islam konvertiert, um einen muslimischen Mann heiraten zu können, hieß es. Liebesbeziehungen gemischt-religiöser Paare sind in Ägypten immer wieder Auslöser von Gewalt. Frauen beider Religionen wird es zumeist nicht erlaubt, Männer anderen Glaubens zu heiraten. Nicht-muslimische Männer, die eine muslimische Frau heiraten wollen, müssen zum Islam konvertieren.

Die Christen können dagegen eine umgekehrte Regelung für die "Einheirat" nicht-christlicher Männer nicht durchsetzen. Eine Konvertierung vom Islam zum Christentum ist schlicht nicht möglich und wird von den Muslimen als "Häresie" betrachtet. Christinnen brauchen wiederum bei der Ehelichung eines muslimischen Mannes nicht zu konvertieren. Bei derartigen Konflikten in Ägypten stehen aber oft schon verheiratete Christinnen im Mittelpunkt, die eine neue Ehe mit einem muslimischen Mann eingehen wollen. Da bei den orthodoxen und äußerst konservativen Kopten eine Scheidung praktisch nicht möglich ist, konvertieren sie zum Islam.

Zuletzt waren Anfang März in Kairo bei Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Kopten 13 Menschen getötet und rund 100 weitere verletzt worden. Auslöser der Gewalt im Vorort Mokattam waren Proteste gegen die Zerstörung einer Kirche südlich der ägyptischen Hauptstadt.

Koptische Christen bilden in dem überwiegend von Muslimen bewohnten Ägypten einen Bevölkerungsanteil von schätzungsweise 10 bis 15 Prozent.

dpa