Was haben ein geblümtes Kaffeeservice oder eine zerbrochene Fensterscheibe mit der Geschichte des deutschen Frauenfußballs zu tun? Dieses Geheimnis lüftet die Ausstellung "Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs", die am Donnerstagabend in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin eröffnet wurde. Sie nimmt die Zuschauer mit auf eine Zeitreise durch mehr als 40 wechselvolle Jahre.
Bei den ersten Spielen hätten sich die Zuschauer vor Lachen gebogen, erzählt etwa Hannelore Ratzeburg, eine Fußballerin der ersten Stunde über die Anfänge ihrer Karriere. Aber das habe eher angespornt: "Wir haben gesagt, jetzt machen wir erst recht weiter." Beim Deutschen Fußball-Bund kümmert sich die heute 60-Jährige um die Förderung des Frauenfußballs. Sie wurde 1995 als erste Frau in den DFB-Vorstand gewählt.
Kampf gegen Vorurteile
Der Fotograf Günther Bauer hat über mehrere Jahre hinweg ehemalige Spielerinnen, Trainerinnen und Funktionäre porträtiert. Neben großformatigen Fotos, die als Triptychen angeordnet sind, zeigen Interviews, Videodokumentationen und persönliche Erinnerungsstücke in bislang einzigartiger Weise, wie sich Frauenfußball in Deutschland emanzipiert hat bis zur Ausrichtung der WM in diesem Jahr (26. Juni bis 17. Juli). Die Ausstellung geht bis zum 31. Juli auf Tour quer durch Deutschland.
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Die Fußballpionierinnen berichten von ihren ganz persönlichen Erlebnissen und davon, mit wie viel Mut sie bis heute gegen Vorurteile ankämpfen müssen. Sinnbildlich dafür steht das legendäre geblümte grün-weiße Kaffeeservice, das jede Nationalspielerin nach Gewinn des Europameistertitels 1989 vom DFB als Siegprämie bekommen hat. Die frühere Nationalspielerin und heutige Managerin der Nationalelf, Doris Fitschen, hat es für die Ausstellung gestiftet.
Bei den Frauen stehe nicht der Marktwert im Vordergrund, sondern das erfolgreiche Spiel, sagte Ratzeburg. Erst 1970 hob der DFB das Verbot des Frauenfußballs offiziell auf. Das geschah jedoch nicht aus Überzeugung, sondern aus der Befürchtung heraus, dass andere Organisationen den deutschen Frauenfußball übernehmen könnten. Vier Jahre später findet die erste deutsche Frauen-Meisterschaft statt. Bis zum Aufbau einer Nationalmannschaft dauert es aber noch bis 1981.
Auf der Straße trainiert
Ein Stück einer kaputten Fensterscheibe hat Monika Staab für die Ausstellung gestiftet. "Wir waren drei Mädchen zu Hause", erzählt Staab, die schon 1970 mit elf Jahren beim SG Rosenhöhe in Offenbach gekickt hat. "Wir Mädchen haben immer auf der Straße Fußball gespielt." Da sei manche Fensterscheibe kaputt gegangen, so dass der Vater auf Druck der Nachbarn eine Spezialversicherung abschließen musste. Heute sagt sie: "Wir Frauen sind nicht mehr aufzuhalten."
Fußballgeschichte hat auch Tine Theune geschrieben, die die bislang erfolgreichste Trainerin der Nationalelf ist. 1985 machte sie als erste Frau ihre Fußball-Lehrer-Lizenz und übernahm 1996 das Amt der Bundestrainerin. Für die Ausstellung hat sie ein antik anmutendes Videoabspielgerät für ihre Spielanalysen und den 2003 überreichten Fernsehpreis Bambi nach Gewinn des Weltmeistertitels bereitgestellt. Am Fußball liebe sie vor allem das Gemeinschaftsgefühl und die Zusammengehörigkeit, sagt Theune, die 2005 den Cheftrainerposten an Silvia Neid übergeben hat.
Die Zeiten von Kaffee-Service und hämischen Zuschauern sind vorbei. Die Zahl der kickenden Mädchen und die Erfolge der Nationalmannschaft sprechen für sich. Einer der engagiertesten Kämpfer für die Anerkennung der Fußballerinnen ist DFB-Chef Theo Zwanziger, der in der Ausstellung ebenfalls zu Wort kommt. Festgehalten sind dort Sätze, mit denen sich der Präsident in die Herzen der Frauenfußballfans schoss, wie: "Dem Ball ist es egal, von wem er getreten wird."