Von Kirchentag zu Kirchentag: Volker Knöll ist dabei
Alle Deutschen sind sesshaft. Alle? Nein. Volker Knöll zieht im Dienste des evangelischen Kirchentags von Stadt zu Stadt. Zurzeit bereitet er das Treffen in Dresden vor. In zwei Jahren, nach dem Hamburger Kirchentag, soll aber Schluss sein mit dem Nomadentum. Dann will der Organisationsleiter mit seiner jungen Familie wieder sesshaft werden.
05.05.2011
Von Wolfgang Weissgerber

Seit zwölf Jahren organisiert Volker Knöll aus Rimbach im Odenwald den Evangelischen Kirchentag am jeweiligen Veranstaltungsort. Im Herbst heißt es für den 40-Jährigen Abschied nehmen von Dresden. Er muss nach Hamburg umziehen, denn dort findet 2013 das nächste Protestantentreffen statt. Knöll ist für den reibungslosen Ablauf verantwortlich. Sonderzüge, der Nahverkehr am Ort, die Veranstaltungsgebäude, Quartierbeschaffung: Für alles muss er eine Lösung finden.

In der Kirchentags-Geschäftsstelle an der Dresdener Ostra-Allee führt Knöll einen Mitarbeiterstab von knapp 100 Menschen; etwa ein Dutzend sind Kirchentagsnomaden wie er, die übrigen sind nur für die zweijährige Vorbereitungszeit angestellt, auch einige junge Leute im Freiwilligen Sozialen Jahr gehören dazu.

Die letzten Wochen sind die schlimmsten

In einem Monat beginnt der Kirchentag in Dresden, und diese letzten Wochen sind jedes Mal die schlimmsten, bekennt Knöll freimütig. Im gesamten Team wächst die Spannung: "Klappt alles wie geplant, oder brauchen wir Plan B?" Den hat Knöll zum Beispiel für alle Veranstaltungen an den Ufern der Elbe - wegen des unberechenbaren Wasserstands. In zwölf Jahren Kirchentag hat er gelernt: "Wenn man zu viel plant und keinen Raum lässt für flexible Lösungen, dann geht gar nichts."

Angefangen hat alles bei den evangelischen Pfadfindern. Über sie kam Knöll 1983 als jugendlicher Helfer zum Kirchentag. Seitdem hat er keines der Treffen ausgelassen, bekam - natürlich ehrenamtlich - immer verantwortungsvollere Aufgaben zugewiesen, zum Beispiel als Hallenleiter. Bei einem Nachbereitungstreffen des Stuttgarter Kirchentags 1999 wurde er schließlich gefragt, ob er sich nicht auch eine hauptberufliche Tätigkeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag vorstellen könne.

Der junge Mann aus dem Odenwald hatte da bereits eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann absolviert und in Darmstadt erfolgreich Betriebswirtschaft studiert. Mittlerweile arbeitete er im Controlling bei einem Spezialmaschinenvertrieb im Rhein-Main-Gebiet. "Besonders sinnstiftend war das aber nicht" sagt Knöll. "Mich hat es gereizt, im Non-Profit-Bereich zu arbeiten." Gerade dort sei professionelle Führung gefragt. Also kehrte er Darmstadt schweren Herzens den Rücken und zog nach Frankfurt am Main.

Nur den ÖKT in München hat er ausgelassen

"Für zwei Jahre steige ich halt mal aus und gehe vorübergehend von der Wirtschaft in den gemeinnützigen Sektor" - so waren zunächst seine Pläne. Doch Knöll blieb bei seinem neuen Arbeitgeber, zog weiter nach Berlin, zum ersten Ökumenischen Kirchentag. Die Aufgaben wechselten, die Verantwortung wuchs: Abteilungsleiter Infrastruktur, Abteilungsleiter Teilnehmerservice, Mitglied der Geschäftsführung und seit 2008 verantwortlicher Geschäftsführer.

Auf Berlin folgte Hannover, von dort ging es nach Köln, und Ende 2007 schließlich zog Knöll um nach Bremen. Von dort - "der zweite Ökumenische Kirchentag 2010 in München ist mir erspart geblieben" - ging es direkt nach Dresden. Die Verbindung nach Südhessen riss zwar nie ab, doch neue Freundschaften oder gar eine Familie ließ ein derartiges Nomadenleben nicht zu - das dachte Volker Knöll jedenfalls. Bis er für die Kirchentagsgeschäftsstelle in Köln eine junge Frau einstellte, nach Bremen mitnahm und schließlich zu seiner Assistentin machte. "Irgendwann sind wir uns nähergekommen", freut sich Knöll noch heute über seine vorausschauende Personalpolitik.

Im Februar wurde Söhnchen Lukas geboren. Beim Standesamt waren Volker und Sarah Knöll schon, im Sommer soll auch noch kirchlich geheiratet werden. Nach dem Kirchentag, wenn ein wenig Zeit ist zum Feiern und Verschnaufen. Anschließend werden wieder die Koffer gepackt: Hamburg wartet schon. Danach will die junge Familie aber endlich sesshaft werden. Ob beim Kirchentag oder anderswo, das lässt Knöll offen. Zurück in die vermeintlich "freie Wirtschaft" zieht es den Betriebswirt allerdings nicht mehr.

epd