Die Pläne der Bundesregierung für einen schnelleren Atomausstieg mit einem endgültigen Abschaltjahr werden konkreter - dabei könnte die umstrittene Brennelementesteuer gekippt werden. Das alte System zur Übertragung von Restlaufzeiten von alten auf neuere Meiler solle beendet werden, berichtete das "Handelsblatt".
Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa aus Koalitionskreisen könnte der Bund auf die erst zu Jahresbeginn eingeführte Atomsteuer verzichten. Mit dem Ausfall dieser jährlich 2,3 Milliarden Euro Einnahmen hätte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) neue Probleme bei der Haushaltssanierung.
"Energiewende mit Augenmaß"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte am Montag bei der Eröffnung eines Windparks vor der Ostsee-Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, dass der Atomausstieg deutlich beschleunigt werde. Es müssten aber realistische Ziele gesetzt werden. "Wir wollen eine Energiewende mit Augenmaß und eine, die klappt."
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte die Fixierung auf ein Ausstiegsdatum. "Nicht nur eine Jahreszahl bedeutet den Markenkern der Union", sagte Gröhe in Berlin bei einer Energie-Diskussion mit der Parteibasis. Dort wurde die CDU-Führung aufgefordert, die Kosten für die Ökowende auf den Tisch zu legen. Auch wurde vor Gesetzes-Schnellschüssen gewarnt.
Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) attackierte die Grünen. Diese hätten es sich mit ihrem Öko-Image «verdammt gemütlich gemacht». Sie blockierten Stromtrassen und Kohle-Kraftwerke und ignorierten die Atommüll-Endlagerfrage. "Die Grünen müssen endlich Farbe bekennen." Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) erklärte, auch bei einem Atomausstieg müsse die künftige Stromversorgung "zu jeder Minute und Stunde" gesichert sein.
Kombination aus Termin und Restmengen?
Ein Regierungssprecher betonte, die Kanzlerin habe sich noch nicht auf ein konkretes Datum und einen Mechanismus für den Abschied von der Atomkraft festgelegt. "Es ist bislang keine Entscheidung getroffen worden." So könnten ein bestimmter Termin oder aber - wie bisher - Reststrommengen festgelegt werden. Auch eine Kombination beider Varianten sei möglich.
Das könnte nach Einschätzung von Fachleuten in der Praxis bedeuten, dass es zwar weiterhin Strommengen für die AKW-Betreiber gibt, diese jedoch zu einem festen Enddatum verbraucht sein müssen. Weitgehende Einigkeit besteht in Regierung und Koalition, dass die nach der Fukushima-Katastrophe abgeschalteten sieben älteren Meiler nicht mehr ans Netz zurück sollen.
Die CSU steuert auf einen Atomausstieg bis 2020 zu. "Wir dürfen nicht vom eingeschlagenen Weg abgehen, das wäre eine Täuschung der Bevölkerung", sagte Parteichef Horst Seehofer in München. Nach dem alten rot-grünen Ausstieg wäre der letzte Meiler 2022/23 vom Netz gegangen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, eine Rückkehr zu diesem Beschluss wäre das richtige Signal.