Weltweite Erleichterung nach Tod von Al-Kaida-Chef
Die Welt reagiert erleichtert auf den Tod des Top-Terroristen Osama bin Laden. Zugleich werden nach der US-Kommandoaktion Vergeltungsschläge befürchtet. "Der Gerechtigkeit ist Genüge getan", sagte US-Präsident Barack Obama. Der Kampf gegen den Terrorismus sei damit aber nicht zu Ende. Die Bundesregierung begrüßte die Tötung des Islamistenführers, rief die Bürger aber zur Wachsamkeit wegen möglicher Racheakte auf.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nannte den Tod Bin Ladens eine "historische Niederlage" für die Plage des Terrorismus. Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi sprach von einem Schlag gegen das Böse. Sicherheitsexperten rechnen mit Vergeltungsmaßnahmen des Terrornetzwerks Al-Kaida. Auch Sarkozy warnte, Al-Kaida sei mit dem Tod Bin Ladens nicht besiegt. "Der Kampf gegen die Kriminellen (...) muss ohne Unterlass weitergeführt werden und alle Staaten einigen, die Opfer von deren Verbrechen sind", kommentierte der Präsident. Die spanische Regierung bezeichnete den Tod des Al-Kaida-Anführers als einen "entscheidenden Schritt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus".

Erhöhte Vorsicht bei Auslandsreisen

Nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich die Sicherheitslage in Deutschland mit der Tötung von Osama bin Laden nicht verändert. Es sei weiterhin nötig, wachsam zu sein, sagte sie am Montag in Berlin. Die Gefahr durch den internationalen Terrorismus sei noch lange nicht gebannt. Die Tötung Bin Ladens sei ein großer Erfolg und zeige allen Gefolgsleuten des Top-Terroristen, dass Terrorakte nicht ungesühnt blieben. "Nun ist klar, dass der Kopf des Terrors keine weiteren Anschläge mehr in Auftrag gegeben kann." Das sei eine gute Nachricht, sagte Merkel. Sie habe US-Präsident Barack Obama ihren Respekt für den Erfolg übermittelt.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte, er habe zwar bisher keine Hinweise, dass die Terrorgefahr in Deutschland gestiegen sei. Er könne aber keine Entwarnung geben. Das Auswärtige Amt rief die Deutschen bei Auslandsreisen zu erhöhter Vorsicht auf. Die Vereinigten Staaten hatten zuvor ihre Staatsbürger vor möglichen Racheakten gewarnt.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte, bin Laden sei einer der "brutalsten Terroristen der Welt" gewesen, der das Leben von mehreren tausend Menschen auf dem Gewissen habe. Der Außenminister verteidigte den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. "Wir sind nicht in Afghanistan gewesen, um einen Mann zu bekämpfen, sondern wir sind in Afghanistan, weil wir verhindern wollen, dass Afghanistan wieder ein Rückzugsgebiet für den Terrorismus auf der ganzen Welt wird."

Friedrich erklärte, es sei verfrüht zu jubeln und zu glauben, dass der Terrorismus beendet sei. In den vergangenen zehn Jahren habe sich ein Netzwerk terroristischer Zellen gebildet, das weiter existiere. Er gehe aber davon aus, dass der internationale Terrorismus mit dem Ende der Symbolfigur Bin Laden mittel- und langfristig geschwächt sei, sagte der Minister in München unmittelbar vor der Abreise in die USA. Dort wolle er mit seinen Gesprächspartnern auch über den internationalen Terrorismus reden.

Britischer Regierungschef: Nachricht sehr willkommen

Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sagte, er rechne damit, dass Al-Kaida versuchen werde, sich an den Amerikanern und der pakistanischen Regierung zu rächen. Dies werde aber "eher nicht" in Deutschland geschehen. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, wies darauf hin, dass das von bin Laden gegründete Terrornetz seit langem dezentral funktioniere. "Aktionsfähige Gruppen gibt es in vielen Ländern." Das zeigten auch die Festnahmen von drei mutmaßlichen Al-Kaida-Mitgliedern am Freitag in Nordrhein-Westfalen.

Großbritanniens Premierminister David Cameron sagte: "Diese Nachricht ist sehr willkommen in unserem ganzen Land." Allerdings bedeute dies nicht das Ende der Terrorbedrohung. Großbritannien müsse in den nächsten Wochen besonders wachsam sein. "Aber es ist, so glaube ich, ein riesiger Schritt nach vorn." Britische Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass Al-Kaida nach dem Tod des Anführers "ohne Zweifel zurückschlägt". Der Triumph der Amerikaner könne zu ernsten Vergeltungsmaßnahmen führen. "Ich glaube, die Bedeutung dessen, was geschehen ist, kann nicht überschätzt werden", sagte John Gearson vom Institut für Terrorismusstudien am Londoner Kings College.

Die EU begrüßte den Tod des Terrorchefs als "großen Erfolg" im Anti-Terror-Kampf. "Sein Tod macht die Welt zu einem sichereren Ort", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy in Brüssel.

Durchweg positiv kommentierten die skandinavischen Regierungen das Ende Bin Ladens. In Stockholm sagte der schwedische Außenminister Carl Bildt: "Der Tod von Osama bin Laden hat die Welt besser gemacht, weil der Hass, den er gepredigt hat, eine Bedrohung für uns alle war." Dänemarks Außenministerin Lene Espersen hob in Kopenhagen hervor, dass Bin Ladens Tod "ein Vakuum beim Terrornetzwerk Al-Kaida hinterlässt". Dennoch sei der Kampf gegen den Terrorismus nicht vorüber. Auch der norwegische Außenminister Jonas Gahr Støre sprach in Oslo von einer Schwächung des Terrorismus.

"Ein Christ sollte Tod eines Menschen nicht begrüßen"

Der afghanische Präsident Hamid Karsai bezeichnete den Tod Bin Laden als Strafe für dessen Taten. Bin Laden sei vor und nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA auch für den Tod Tausender Afghanen verantwortlich, sagte er in Kabul. Erleichtert über den Tod des Al-Kaida-Anführers sind auch viele Schiiten in der arabischen Welt. "Fahr' zur Hölle" und "Die Menschheit wurde von einem der schlimmsten Mörder befreit", lauteten Kommentare auf der Website der von Schiiten betriebenen irakischen Nachrichtenagentur "burathanews".

Nach Auffassung des Vatikan ist das Ende Bin Ladens kein Grund für Freudenfeiern. Vielmehr sei zu hoffen, dass der Tod des Al-Kaida-Chefs mehr Frieden als Hass bringen werde, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi in Rom. "Ein Christ sollte niemals den Tod eines Menschen begrüßen."

dpa