Al-Kaida bereitete Blutbad in Deutschland vor
Die drei in Nordrhein-Westfalen verhafteten mutmaßlichen Al-Kaida-Terroristen wollten in Deutschland ein Blutbad anrichten. Nach Ermittlungen der Fahnder planten sie, einen mit Metallteilen versetzten Sprengsatz in einer Menschenmenge zu zünden. Die Männer seien Teil eines größeren Netzwerkes, zu dem mindestens sieben bis acht Personen gehörten - die nicht alle bekannt seien, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke.

Die Bundesanwaltschaft beschränkt ihre Ermittlungen bisher auf die drei Festgenommenen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) warnte, die Terrorgefahr in Deutschland sei nach wie vor hoch, und verlangte erneut die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze, die Ende des Jahres auslaufen. "Wir können keine Entwarnung für Deutschland geben", sagte auch Ziercke. "Wir müssen in Deutschland weiterhin mit Anschlägen islamistischer Terroristen rechnen."

In der Experimentierphase

Gegen die drei Männer, die am Freitag in Düsseldorf und Bochum festgenommen wurden, erging am Samstag Haftbefehl. Ein genaues Anschlagziel hatten sie den Ermittlungen zufolge noch nicht im Auge. Die Verdächtigen seien "noch in der Experimentierphase" gewesen, sagte der stellvertretende Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum in Karlsruhe. Eine Gefahr für die Bevölkerung habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.

Die Behörden hatten sich kurzfristig zum Zugriff entschlossen, nachdem die drei Verdächtigen in abgehörten Gesprächen den Bombenanschlag in Marrakesch "freudig begrüßt" hatten. Bei dem Attentat am Donnerstag waren 16 Menschen getötet worden. "Marrakesch hätte ein stimulierendes Ereignis sein können", sagte Ziercke. Auch deshalb hätten die Fahnder rasch gehandelt, obwohl die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen waren. Die Bundesanwaltschaft betonte am Sonntag, bisher beschränkten sich ihre Ermittlungen auf die drei Festgenommenen.

Ein halbes Jahr lang hatten die Ermittler des Bundeskriminalamts die mutmaßlichen Religionskrieger beobachtet. Zentrale Figur ist ein 29 Jahre alter Marokkaner. Der ehemalige Maschinenbaustudent der Universität Bochum soll Anfang 2010 in ein Ausbildungslager von Al-Kaida im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet gereist sein. Dort habe er von einem hochrangigen Mitglied des Terrornetzwerks den Auftrag erhalten, in Deutschland einen Sprengstoffanschlag zu verüben. Bei seiner Festnahme bedrohte er die Polizisten am Freitag mit einem Messer, gab jedoch "nach kurzer Ansprache" auf.

Abiturient unter Verhafteten

Seine beiden Komplizen, ein 31 Jahre alter Deutsch-Marokkaner und ein 19-Jähriger mit deutscher und iranischer Staatsangehörigkeit, sollen ihn bei der Umsetzung der Pläne unterstützt haben. Der 31-Jährige sei in Düsseldorf in einem "sehr westlich geprägten Umfeld" aufgewachsen, sagte BKA-Chef Ziercke. Er habe zuletzt als Elektriker gearbeitet. Der 19-Jährige besuchte ein Gymnasium und stand kurz vor dem Abitur.

Ein mögliches Ziel für einen Anschlag hätten Veranstaltungen im Großraum Düsseldorf sein können. Nach den abgehörten Gesprächen in einer Düsseldorfer Wohnung hatten die Beschuldigten aber auch darüber nachgedacht, den Sprengsatz "an einer Bushaltestelle oder in einem Bus" zu zünden. Die technischen Vorbereitungen zum Bombenbau waren allerdings noch nicht abgeschlossen. Wie Ziercke berichtete, suchten die Beschuldigten im Internet nach elektronischen Bauteilen und nach sogenannten Bombenkochbüchern, also Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen. Außerdem versuchten sie, Wasserstoffperoxid, Aceton und weitere Materialien zu beschaffen.

Zuletzt versuchten zwei der Männer, aus Grillanzündern Hexamin zu gewinnen, um damit einen Zünder für die Bombe herzustellen. Fertiger Sprengstoff wurde entgegen erster Berichte nicht sichergestellt, wohl aber ein Behältnis, in dem möglicherweise Sprengstoff aufbewahrt wurde. Insgesamt durchsuchten die Ermittler sechs Wohnungen.

Sechs Wohnungen durchsucht

Die Ermittlungen gehen auf Hinweise zurück, die im vergangenen Herbst zur "Terrorwarnung" des Bundesinnenministers führten. Hierbei nutzte das Bundeskriminalamt seine 2009 neu geschaffenen Kompetenzen zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus - unter anderem Online-Durchsuchungen und die Überwachung von Wohnräumen.

Friedrich forderte erneut eine Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze, die vor zehn Jahren als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September erlassen wurden. Es gelte wachsam zu sein "und sich keine Illusionen darüber zu machen, dass der internationale islamistische Terrorismus auch Deutschland zum Ziel hat", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag". Die FDP lehnt eine pauschale Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze ab, die Ende des Jahres auslaufen.

dpa