Mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder planten Anschlag
Sie hatten Sprengstoff und planten wohl einen Anschlag in Deutschland: Beamte des Bundeskriminalamts haben am Freitag in Nordrhein-Westfalen drei mutmaßliche Mitglieder des Terrornetzwerks Al Kaida festgenommen. Wie Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte, wurde damit "eine konkrete und bevorstehende Gefahr durch den internationalen Terrorismus" abgewendet.
30.04.2011
Von Jochen Neumeyer und Bettina Grachtrup

Die "Welt" berichtete am Samstag unter Berufung auf einen Ermittler, dass die Verdächtigen einen Bombenanschlag auf den öffentlichen Nahverkehr einer deutschen Großstadt planten. Der genaue Ort habe aber noch nicht festgestanden.Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) standen die Festgenommenen schon länger im Fokus der Ermittler. Für die Nacht zum Freitag sollen sie eine Art Testlauf geplant haben, um die Wirkung des Sprengstoffs zu erproben. Dabei habe es sich aber noch nicht um einen Terrorschlag gehandelt.

"Testlauf" für Freitagnacht geplant

Zwar wurde der Test verschoben, dennoch entschieden sich die Ermittler für den Zugriff. Die Männer sollen an diesem Samstag dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt werden. Dass die Männer ohne vorherige Haftbefehle festgenommen wurden, könnte darauf hindeuten, dass die Entscheidung für die Festnahme kurzfristig erfolgte. Nach SWR-Informationen soll einer der Männer bei seiner Festnahme einen BKA-Beamten mit einem Messer angegriffen haben. Alle drei hätten mit der Führungsebene des Terrornetzwerks Al Kaida Kontakt gehabt.

Nach ZDF-Informationen handelt es sich bei den Verdächtigen um drei Männer im Alter von 29 bis 31 Jahren - einen Deutsch-Iraner, der in Bochum lebte, einen Deutsch-Marokkaner, der in Düsseldorf lebte und einem offenbar mit ihm lebenden marokkanischen Staatsangehörigen. Dieser Mann sei in einem Trainingslager in Afghanistan gewesen. Die Ermittler glaubten, er sei mit dem Auftrag nach Deutschland zurückgekehrt, einen Terroranschlag vorzubereiten. Die drei Männer hätten begonnen, Sprengmaterial, Chemikalien wie Aceton, für den Bau einer Bombe zu sammeln. Sie hätten aber erst eine kleine Menge zusammengehabt.

Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, standen die Ermittlungen im Zusammenhang mit der Terrorwarnung im Herbst vergangenen Jahres. Damals hatte ein anonymer Anrufer Hinweise auf geplante Anschläge gegeben und den Reichstag in Berlin als mögliches Ziel genannt. Im Rahmen der Ermittlungen sei das BKA auf die drei Männer aufmerksam geworden, berichtete der SWR. Innenminister Friedrich sagte, Deutschland stehe "nach wie vor im Fadenkreuz internationaler Terroristen". Es gelte, auch weiterhin wachsam zu bleiben.

"Wir müssen mit einem Anschlag rechnen"

Nach Ansicht des Terrorismus-Experten Guido Steinberg ist die Gefahr islamistischer Anschläge in Deutschland nach wie vor sehr hoch. "Wir müssen, glaube ich, jederzeit mit einem Anschlag rechnen", sagte der Islamwissenschaftler der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Einer der Männer sei in einem Terrorcamp im Ausland ausgebildet worden. Die Dimension des Falls sei vergleichbar mit dem der 2007 festgenommenen Sauerland-Gruppe, berichtete das ZDF. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft wollte hierzu keine Angaben machen. Er verwies auf eine Pressekonferenz an diesem Samstag. Dabei wollen der stellvertretende Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum und der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, über Einzelheiten informieren.

Die vier Islamisten der 2007 aufgedeckten Sauerland-Gruppe wollten ebenfalls Terroranschläge in der Bundesrepublik verüben. Die Männer waren in einem Terrorcamp im Ausland ausgebildet worden. In Deutschland hatten sie eine Ferienwohnung im nordrhein-westfälischen Sauerland bezogen, wo sie Sprengstoffe herstellen und Bomben bauen wollten. Im September 2007 wurden drei der Männer festgenommen - der vierte Islamist wurde später in der Türkei gefasst.

Im März hatte ein aus dem Kosovo stammender Mann am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten mit Kopfschüssen getötet und zwei weitere verletzt. Er war nach bisherigen Erkenntnissen durch islamistische Propaganda im Internet zu seiner Tat aufgestachelt worden, handelte jedoch als Einzeltäter.

dpa