Der FC Köln und der Glaube: "Jeder Jeck ist anders"
Wie religiös darf ein Coach sein? Ist Glaube im Profifußball Privatsache oder darf man sich im Bundesligageschäft als Christ bekennen? Frank Schaefer, Trainer des 1.FC Köln, zieht nun die Konsequenzen aus seinen Erfahrungen und tritt zurück.
29.04.2011
Von Stefan Rahmann

"Jetzt hilft nur noch beten!" titelt der Boulevard. "Schaefers Glaube spielt keine Rolle", sagt Rainer Calmund, jahrelang Manager des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen. "Der Glaube ist Schaefers Problem", meint Volker Finke, Sportdirektor des 1. FC Köln. Und was sagt Frank Schaefer, Cheftrainer des Erstligisten aus der Domstadt vom 24. Oktober 2010 bis zu seinem Rücktritt am 27. April, bekennendes Mitglied einer Baptistengemeinde im Kölner Süden und regelmäßig aktiv in deren Bibelgesprächskreis? "Der Glaube ist Leben pur."

Erfolg auf dem Platz ist entscheidend

Was bisher geschah: Die Mannschaft des 1. FC Köln stand Ende Oktober abgeschlagen auf dem letzten Platz der Tabelle der Fußball-Bundesliga. Die Vereinsführung reagierte wie erwartet. Trainer Zvonimir Soldo wurde entlassen. Jetzt war guter Rat eigentlich teuer, der neue Trainer zu aller Überraschung aber erfolgreich und über die Maßen preiswert. Man hatte sich nämlich für den Nachwuchscoach Frank Schaefer entschieden, der seit über 20 Jahren im Verein arbeitet.

Und der? Motiviert die Mannschaft neu, die holt sieben Heimsiege in Folge und steht mit 35 Punkten Ende April eigentlich auf einem sicheren Nichtabstiegsplatz. Sechs Punkte beträgt der Abstand auf Rang 17. Doch in der Mannschaft brodelt es. Schaefer hat sich Feinde gemacht. Vor allem ältere Spieler, die er zu deren Überraschung auf die Bank gesetzt hat, beschweren sich bei Sportdirektor Finke, der am 1. Februar sein Amt angetreten hat. Die Mannschaft zerfällt in Grüppchen. Finke zweifelte von Anfang an an Schaefers Kompetenz. Doch der Cheftrainer eilte vor allem im heimischen Stadion von Sieg zu Sieg.

"Glaube ist Leben pur"

Er gab dem Kölner Boulevardblatt "Express" ein großes Interview, in dem er ohne Arg von seinem Glauben sprach: "Es ist richtig, dass ich als gläubiger Christ in einem Bibelkreis bin. Das ist für mich ein extrem wichtiger Termin. Mit wem ich über meinen Glauben spreche, mache ich von meinem Gefühl abhängig." Der Bibelkreis trifft sich wöchentlich in den Räumen einer Baptistengemeinde. "Es gab eine Reihe von Anlässen, die mich zum Glauben geführt haben. Der Glaube ist für mich nicht nur Trost, sondern auch Zuversicht und Freude - Leben pur. Und ich bin sehr dankbar, dass ich diesen Weg gehen darf", fuhr der Trainer fort und bekannte zum Thema Bundesliga: "Ich muss sagen, dass mich Teile dieses Geschäfts anwidern."

Rücktritt aus privaten Gründen

Und dann gab es Schwierigkeiten mit der Vertragsverlängerung. Schaefer wollte erst nach Erreichen des Klassenerhalts seine Unterschrift unter einen neuen Kontrakt setzen. "Es geht nicht darum, der öffentlichen Erwartung zu entsprechen, sondern die Menschen, mit denen du arbeitest, zu erreichen. Grundsätzlich bin ich jemand, der sich sehr stark mit Sachen auseinandersetzt, sie abwägt und reflektiert. Ich habe eine eigene Art der Mannschaftsführung, mit der ich immer und überall Erfolg gehabt habe", erklärte der Trainer, der "nicht für Siege betet, sondern dafür, dass Gottes Wille geschieht". Denn: "Gott hat die Führung in meinem Leben."

Das galt in Köln als skurril nach dem Motto "Jeder Jeck ist anders" und als Privatsache, solange die Ergebnisse stimmten. Dann kam die Niederlagenserie, und der FC geriet wieder in Abstiegsnot. Mit den Niederlagen gingen dem Coach die Argumente aus. Zuerst machte er deutlich, dass er nach Ende der Saison wieder als Amateurtrainer beim FC arbeiten wollte. Die zerstrittene Mannschaft verlor weiter.

Dann trat Schaefer überraschend zurück: "Die Gründe hierfür liegen im persönlichen Bereich. Die letzten sechs Monate haben mich ganz viel Kraft gekostet, speziell durch die Intensität, mit der ich diesen Job lebe und verstehe. Das hat natürlich Einfluss auf meinen persönlichen und privaten Bereich genommen. Und des deshalb ist diese Entscheidung die Konsequenz aus der Erfahrungswerten und dem Erlebten der letzten sechs Monate", sagte Schaefer am Tag seines Rücktritts. Abpfiff für den Mann mit Rückgrat. Eine halbe Stunde später war Finke Trainer.


Stefan Rahmann arbeitet seit 20 Jahren als Autor und Journalist in Köln für verschiedene Medien.