"Syrien ist nicht Libyen": UN-Sicherheitsrat gespalten
Eine Presseerklärung ist die schwächste Äußerung des mächtigsten UN-Organs. Doch selbst auf ein Statement zur Lage in Syrien kann sich der Sicherheitsrat bislang nicht einigen. Berlin macht zwar Druck, doch Sanktionen gegen Machthaber Assad sind nicht mal im Gespräch.
27.04.2011
Von Gisela Ostwald

Nur mit großen Mühen widmet sich der Weltsicherheitsrat der Gewalt in Syrien. Die Sicherheitskräfte von Präsident Baschar al-Assad sollen bereits hunderte Demonstranten erschossen haben. Ob in New York eine geplante Presseerklärung Aussicht auf Zustimmung der 15 Ratsmitglieder hat oder am Einspruch einer Vetomacht scheitert, ist nach Einschätzung von Diplomaten völlig offen. In dem Entwurf ist von Sanktionen keine Rede. Er verurteilt lediglich das brutale Vorgehen des Regimes in Damaskus gegen die eigenen Leute und verlangt ein Ende des Blutvergießens.

Doch selbst diesen bescheidenen Schritt wollen die beiden Vetomächte Russland und China sowie der Libanon, das derzeit einzige arabische Land im Rat, bisher nicht mitmachen. Beirut wartet die gleichwohl fragliche Zustimmung der Arabischen Liga ab. Peking war schon immer zurückhaltend, wenn es um die Reaktion auf innenpolitische Probleme anderer Länder ging. Und Russland zaudert, was weiteren Druck auf den Langzeitverbündeten Syrien angeht. Moskau macht keinen Hehl aus seinem Missfallen an dem internationalen Vorgehen gegen das Regime von Muammar al-Gaddafi in Libyen.

Zweierlei Maß?

Ob die arabische Welt mit zweierlei Maß gemessen werde, wurde UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Dienstagabend in New York gefragt. Hätten die Demonstranten in Syrien nicht den gleichen Anspruch auf Unterstützung, den der Sicherheitsrat den Menschen in Libyen mit seinen Resolutionen 1970 (Sanktionen) und 1973 (Militäraktion) vom Februar und März bot? "Leider haben wir inzwischen mehrere dieser Fälle im Nahen Osten und Nordafrika", entgegnete der Chefdiplomat. "Jeder scheint andere Hintergründe zu haben und ist anders geartet."

Tatsächlich verweigert Libyens Machthaber Gaddafi den Regimegegnern in seinem Land jede Art von Reform. Er drohte, seine Leute würden von Straße zu Straße und Haus zu Haus gehen und alle Gegner festnehmen, notfalls auch töten. Nachdem sich selbst die Arabische Liga von Gaddafi abgewendet hatte, entschied sich der UN-Sicherheitsrat für eine internationale Militäraktion zum Schutz libyscher Zivilisten.

Syriens Assad erklärt sich zwar reformbereit, hat aber in elf Jahren keine entscheidenden Änderungen eingeleitet. Assad macht ausländische Intriganten für die Lage in seinem Land verantwortlich. Sein UN-Botschafter Bashar Jaafari erklärte, dass sich bewaffnete Gruppen unter die Demonstranten mischten und auf das Militär schössen. "Durch sie kommt es zu den vielen Toten." Die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice verwies wiederum darauf, dass sich Assad vom Iran unterstützen lasse. Damaskus wende die gleichen brutalen Maßnahmen an, mit denen Teheran seine Leute in Schach halte.

Deutschland macht Druck

Dass sich der Sicherheitsrat jetzt mit Syrien befasst, ist vor allem auch der treibenden Kraft Deutschlands zu verdanken. Berlin hatte sich schon bei den Sanktionen ins Zeug gelegt, beim Mandat für den Militäreinsatz gegen Tripolis aber einen Rückzieher gemacht. Jetzt arbeitete das Auswärtige Amt zusammen mit London, Paris und Lissabon den Entwurf der Syrien-Erklärung aus. "Die Ereignisse in Syrien erfordern einfach die Aufmerksamkeit des Rates", sagt der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig. Aus deutschen Diplomatenkreisen hieß es, mit der Sitzung am Mittwoch im Sicherheitsrat sei ein Etappenziel erreicht.

Ob am Ende doch noch Sanktionen folgen? Ganz auszuschließen ist es nicht. Im Fall Libyen vergingen gerade vier Tage von der milden Presseerklärung bis zur Verabschiedung von Strafmaßnahmen. Der UN-Chef warnt jedoch vor zu großen Erwartungen in diesem Zusammenhang. "Syrien ist nicht Libyen", sagt Ban.

dpa