Ein Künstler, den religiöse Themen faszinieren
Emil Wachter wollte Theologie studieren, wandte sich aber bald enttäuscht ab. Die Liebe zur Religion ist dem badischen Maler und Bildhauer, der am Freitag 90 Jahre alt wird, aber geblieben. Eines seiner bekanntesten Werke ist die Autobahnkirche Baden-Baden, deren künstlerische Ausgestaltung er 1978 verantwortet hat. Den pyramidenförmigen Bau schmückte er mit künstlerisch gestalteten Türen, Fenstern und Betonreliefs.
27.04.2011
Von Christine Süß-Demuth

Ob Radierungen, Tuschezeichnungen, Ölgemälde oder Aquarelle - für seine Bilder nutzt Wachter unterschiedlichste Materialien und Ausdrucksformen. Er gestaltete Wandteppiche, Keramiken, Glasfenster, Wand- und Deckengemälde. Dutzende Kirchen zieren Wachters Glasfenster oder Betonreliefs mit biblischen Motiven, darunter auch die Westkrypta des Münsters in Essen.

Sein Interesse für Religiöses erklärt sich aus seinem Studium der katholischen Theologie. Ursprünglich hatte der Sohn eines Landwirts aus Neuburgweier bei Karlsruhe eine kirchliche Laufbahn geplant.

Enttäuscht von der Theologie schloss er das Studium zwar ab, begann jedoch gleich danach 1949 das Studium der Malerei und Bildhauerei an der Kunstakademie Karlsruhe. Seiner Kirche blieb er allerdings verbunden. Von 1978 bis 1985 war er Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

Bibel als verbindliches Weltkonzept

Kurzerhand startet der zierliche Mann etwa während eines Interviews einen theologischen Exkurs und erläutert, warum die Bibel für ihn ein verbindliches Weltkonzept darstellt. Dabei offenbart Wachter seine tiefe religiöse Bildung und Spiritualität. "Das Kreuz ist Urschlüssel der Welt, ein Zeichen dass kein Diktator oder Macht der Welt überwinden kann". Aber auch Zeit- und Sozialkritisches sowie ganz weltliche Motive kommen in seinen Bildern zum Zug. So besitzt das Bonner Haus der Geschichte 33 Politikerporträts Emil Wachters.

Ein wiederkehrendes Motiv der vergangenen Jahre sind Vögel, die nach Auffassung Wachters "vielleicht interessantesten Wesen". Der Aufbau dreier Vogel-Ölgemälde aus dem Jahr 2010 folgt dem Triptychon, also einem ursprünglich dreiteiligen Altarbild. Bei "Dialog in Gelb", "Wem folgen?" und "Maimorgen" flattern Vögel vor leuchtend gelbem Hintergrund.

Die Form des dreiteiligen Altarbilds vergleicht Wachter mit einem Menschen, der die Arme ausbreitet. "Wenn ich ein Triptychon male, verändern sich das Bild und die Mitte grundlegend." Die Veränderung sei subtil, "man spürt es, ohne es erklären zu können."

Die Krankheit veränderte sein Werk

Durch Wachters zurückhaltendes Wesen wirken vor allem seine Bilder, der Künstler selbst tritt in den Hintergrund. Ein Schlaganfall im vergangenen Jahr beeinträchtigt ihn zwar körperlich, aber geistig ist er sehr wach. Mit leiser ruhiger Stimme erzählt er, wie die Krankheit seine Sicht auf die Welt und sein eigenes Werk "radikal" verändert habe. Die dadurch verbundenen Änderungen anzunehmen sei schwierig, wenn man nicht mehr "im Saft steht und alles machen kann".

Durch die Krankheit habe er mehr Verständnis für Schwächen entwickelt, sagt er. Er gehe jetzt auch gütiger und weniger selbstkritisch mit seinen eigenen Werken um. Manche seiner Bilder sehe er gar wie ein Unbeteiligter an - ganz so, ob jemand anderes sie gemalt hätte und sie "nichts mehr mit einem zu tun haben".

Welche seiner Arbeiten ihm persönlich am wichtigsten sind, ist für den Künstler leicht zu beantworten: Es seien immer diejenigen, an denen er gerade arbeite - zurzeit meist mit schwarzer Tusche. Dies empfindet er nicht als düstere "Schwarz-Weiß-Malerei": "Eine gute Tusche muss so sein, dass man keine Farbe vermisst".

epd