Päpstliche Seligsprechung zieht Pilgerscharen nach Rom
Er gilt als Ausnahmepapst, und das offensichtlich weit über den Tod hinaus: Am Sonntag wird Papst Johannes Paul II. (1920-2005) in Rom seliggesprochen. Hunderttausende von Pilgern strömen in die Ewige Stadt, um ihrem vor gut sechs Jahren gestorbenen Kirchenführer zu huldigen. Viele machen sich aus der polnischen Heimat des Karol Wojtyla auf den Weg.
26.04.2011
Von Hanns-Jochen Kaffsack

Die Hauptstadt Italiens rüstet sich für einen erneuten Riesenansturm, hatten doch bereits im April 2005 Millionen Gläubige auf dem Petersplatz Abschied von diesem charismatischen Papst genommen. Benedikt XVI. höchstpersönlich leitet nun die feierliche Seligsprechung seines Vorgängers Ex-Mentors - hoffentlich bei schönstem Maiwetter.

"Wir nähern uns mit Freude diesem Tag, an dem wir diesen großen Papst und Zeugen Christi als Seligen verehren und uns dann noch mehr seiner Fürsprache anvertrauen können." Mit diesen Worten würdigte Joseph Ratzinger erst kürzlich Johannes Paul II., der in Rekordzeit und nach einem beschleunigten Verfahren seliggesprochen wird. So rasch ging es noch nie, und das war eine Antwort auf jene Spruchbänder und Sprechchöre, die nach dem Ende des Karol Wojtyla sofort einen Heiligen aus ihm machen wollten: "Santo subito!" Auch dieser nächste Schritt könnte schon bald folgen.

Eile beim "eiligen Vater"

Worauf sich Vatikan und die Stadt Rom seit Wochen vorbereiten, geht als Premiere auch deshalb in die Kirchengeschichte ein: Erstmals schreibt ein Pontifex seinen unmittelbaren Vorgänger in das Buch der Seligen ein. Auch das unterstreicht, dass dieser mediale und "eilige Vater", der als damals erster nichtitalienischer Pontifex maximus nach viereinhalb Jahrhunderten rund um den Globus reiste, wirklich eine Ausnahmeerscheinung war.

Im Seligsprechungsprozesss für diesen Papst sei gründlich und gut gearbeitet worden, betont Slawomir Oder, der Kirchenrechtler und Anwalt des entsprechenden Verfahrens. Grundlage war die vermeintliche Wunderheilung einer französischen Nonne, die Johannes Paul kurz nach seinem Tod bewirkt haben soll.

Rom wirft alles in die Waagschale, um dieses Wochenende rund um den "Tag der Arbeit", der auf einen Sonntag fällt, doch möglichst sorgenfrei für alle zu machen. Tausende von Freiwilligen wollen den Pilgern an zentralen Orten mit Informationen helfen, und Tausende von Verkehrspolizisten halten die oft so heillos verstopften Straßen Roms frei - soweit das gehen wird. Selbst pensionierte Carabinieri und Feuerwehrleute wurden für dieses Großereignis des Jahres in Rom reaktiviert. Nichts soll schiefgehen, wenn die Seligsprechung am Sonntagmorgen an sechs Plätzen auf Maxibildschirmen übertragen wird.

Betrüger verkaufen Online-Tickets

Auf dem Petersplatz selbst gilt: Der Zutritt ist kostenlos, man braucht keine Einlasskarte. Das ist schon wichtig zu wissen, denn im Internet versuchten manche durchaus, Tickets für den Tag der Tage zu verkaufen. Die Präfektur des Päpstlichen Hauses musste davor warnen. Klar, dass Devotionalienverkäufer und fliegende Händler den Stress des Jahres haben, um ihre Waren an die Gläubigen bringen zu können.

Als der Tag der Seligsprechung im Januar bekannt wurde, waren in Rom im Nu alle Zimmer ausgebucht, zu teils astronomischen Preisen. Die Pilger strömen jetzt aus Polen, Frankreich, Deutschland, Spanien und Lateinamerika an den Tiber - und kommen vielleicht dann nur in einem 15-Quadratmeter-Zimmer mit acht Etagenbetten unter. Zumal der Tag der Arbeit mit seinen Konzerten und Veranstaltungen kein guter Termin für einen Massenansturm ist. Aber Benedikt wollte es so. Viele Polen schreckten die befürchteten hohe Preise in der Ewigen Stadt ab, mit etwa 32.000 kommen jetzt erheblich weniger nach Rom als erwartet.

Auftakt am Samstagabend

Los geht es schon am Samstagabend mit einer mehrstündigen Gedenkwache für Johannes Paul II. im berühmten Circo Massimo. Benedikt lässt sich dabei live zu den tausenden Betenden schalten. Johannes Paul wird unterdessen aus der Grotte des Vatikans in den Petersdom verlegt, ohne dass dann sein Sarg geöffnet würde. Nach der Seligsprechung sollen die Gläubigen ihn ehren können, bevor er in ein Grabmal in der Kapelle des Heiligen Sebastian rechter Hand des Eingangs umgebettet wird. Auf dem schlichten Marmor wird stehen, was viele sich lange gewünscht haben: "Der Selige Johannes Paul II."

Sein Gedenktag wird künftig der 22. Oktober sein, der Tag seiner Amtseinführung 1978. Dies gilt aber nur für die Diözese Rom und für die polnischen Bistümer. Denn Selige werden nach dem Kirchenrecht, im Gegensatz zu Heiligen, nur lokal verehrt. Doch wen würde es wundern, wenn dieser weltweit geschätzte Papst auch in Rekordzeit zum Heiligen der ganzen katholischen Kirche würde - um den Ruf der Millionen nach dem "Santo subito" zu erfüllen.

dpa