Grün-Rot einig - stärkere Steuererhöhung als geplant
Grün-Rot im Südwesten ist fast in trockenen Tüchern. Zwar sind die Grünen im Gegensatz zur SPD gegen Stuttgart 21 und mehr Autos, aber das stört das Turteln der Partner derzeit nur am Rande. Sie wollen das Schulwesen umkrempeln und dafür Steuern erhöhen.
25.04.2011
Von Henning Otte und Edgar Neumann

Die künftige grün-rote Koalition in Baden-Württemberg ist weitgehend unter Dach und Fach. "Das meiste ist verhandelt", sagte der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Ostermontag in Stuttgart. Auch der heftige Streit um den Straßenbau sei beigelegt. "Wir haben uns geeinigt", sagte Kretschmann, ohne weitere Details zu nennen. Grüne und SPD wollen zudem die Grunderwerbsteuer erhöhen, um mehr Geld für Bildung ausgeben zu können. Einig sind sich die Partner auch, dass die Landwirtschaft in Baden-Würtemberg künftig gentechnikfrei sein soll. An diesem Mittwoch soll der fertige Koalitionsvertrag vorgestellt werden.

Uneins sind sich SPD und Grüne beim Umgang mit der Autoindustrie. SPD-Landeschef Nils Schmid wies Kretschmanns Forderung zurück, weniger Autos zu bauen: "Jede baden-württembergische Landesregierung hat Benzin im Blut", sagte Schmid der Nachrichtenagentur dpa. Ohne Daimler, Porsche, Audi und die Zulieferer sei keine Vollbeschäftigung im Land möglich. "Es werden nicht weniger, sondern schrittweise andere Autos vom Band rollen als bisher", erklärte der SPD-Chef.

Kretschmann hatte der "Bild am Sonntag gesagt: "Weniger Autos sind natürlich besser als mehr. Wir müssen in Zukunft Mobilitätskonzepte verkaufen und nicht nur Autos." Dazu gehörten Laufen, Fahrradfahren, Autofahren, Eisenbahnfahren. Beim Thema Straßenbau haben sich nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa die Grünen durchgesetzt. Danach wird vor allem in den Erhalt von Landesstraßen investiert, neue Projekte sollen nicht mehr begonnen werden.

Mehr Grunderwerbssteuer für mehr Kinderkrippen

Die künftigen Partner verständigten sich zudem darauf, für den Ausbau der Kinderkrippen die Grunderwerbsteuer stärker zu erhöhen als ursprünglich geplant. Die Steuer solle um 1,5 Prozentpunkte angehoben werden, sagte Schmid. "Das bringt grob gegriffen etwa 300 Millionen Euro." Zunächst hatte es geheißen, die Steuer solle um einen Punkt steigen. CDU und FDP kritisierten, die Erhöhung treffe im Land der Häuslebauer vor allem Familien. 2010 hatte das Land durch die Grunderwerbsteuer 790 Millionen Euro eingenommen - 55 Prozent davon floss an die Kommunen.

Zudem soll das Landeserziehungsgeld umgewidmet und ein Teil für den Ausbau der Betreuung für Unter-Dreijährige investiert werden. Grün-Rot will zudem die Ganztagsschulen flächendeckend ausbauen und dafür bis zu 1500 Lehrer zur Verfügung stellen. Die Ganztagsschule soll nach Kretschmanns Worten auch gesetzlich verankert werden. Er sagte, anhand der Bildungsreformen werde der Politikwechsel am deutlichsten erkennbar.

Die von der SPD angestrebte Abschaffung der Kindergartengebühren kommt zunächst nicht. "Die Gebührenfreiheit wird erst einmal zurückgestellt angesichts der Haushaltslage", sagte Schmid. Die Studiengebühren sollen spätestens zum Sommersemester 2012 entfallen. Ob dies auch früher möglich sei, werde derzeit noch geprüft, sagte Schmid und fügte hinzu: "Die Abschaffung der Studiengebühren werden wir durch Umschichtung im Haushalt darstellen."

dpa