Schuldenkrise: Die griechische Odyssee dauert an
Vor einem Jahr bat Griechenland um Finanzhilfe. Doch bis heute hat die Schuldenkrise das hochdefizitäre Land im Klammergriff. Einer Umschuldung erteilte nun EZB-Chefvolkswirt Stark eine klare Absage.
24.04.2011
Von Takis Tsafos

Milliarden sind geflossen, Reformen wurden eingeleitet - doch die griechische Odyssee durch die Schuldenkrise dauert an. Ein Jahr nachdem das hochverschuldete Land sich mit der Bitte um Hilfe von EU und Internationalem Währungsfonds vor dem finanziellen Kollaps rettete, ist die Lage weiter kritisch. Immer wieder wird über einen Schuldenschnitt spekuliert. Doch EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark warnte jetzt sehr deutlich vor einer Umschuldung. Einen "schmerzfreien Weg" aus der Schuldenkrise gebe es nicht.

Am 23. April 2010 hatte Griechenlands Regierung Unterstützung beantragt und um "Aktivierung des Hilfsmechanismus" gebeten. Ministerpräsident Giorgos Papandreou sagte damals in einer sehr emotionalen Rede, die Griechen erwarte eine "neue Odyssee". Ein Jahr danach herrscht immer noch Unsicherheit im Land, wohin die Reise geht.

Griechischen Medienberichten zufolge will Papandreou bald ein neues, 26 Milliarden Euro schweres Sparpaket sowie verschiedene Privatisierungen mit einem Umfang von 50 Milliarden Euro vom Parlament billigen lassen.

Jeder Siebte arbeitslos

Bereits am Karfreitag hatten griechischen Blätter berichtet, eine Umstrukturierung der Schulden sei unvermeidlich. "Schuldenschnitt Nein - Laufzeitenverlängerung Ja", schrieb die regierungsnahe Athener Zeitung "Ta Nea". Alle Beteiligten seien bemüht, das Wort "Umschuldung" zu vermeiden. Kern der Pläne sei, die Zahlung der griechischen Schulden auf einen längeren Zeitraum zu strecken.

Die Lage der griechischen Finanzen hat sich mit dem 110 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramm von EU und Währungsfonds zwar etwas verbessert. Doch die Aussichten sind nach Angaben von Regierungsmitgliedern nicht gut. Außenminister Dimitris Doutsas sagte jüngst, Griechenland befinde sich in einem dunklen Tunnel - und Licht sei an keinem Ende des Tunnels in Sicht.

Im vergangenen Jahr belief sich das Haushaltsdefizit auf gut 10 Prozent. Der griechische Schuldenberg wuchs von 273 auf 340 Milliarden Euro. Die Zahl der Arbeitslosen liegt nach letzten Angaben bei 15,1 Prozent. Das Einkommen der Staatsbediensteten ging drastisch zurück, sie verloren zwischen 13 und 20 Prozent ihres Einkommens.

Umschuldung "kurzsichtig"

Ohne Griechenland direkt anzusprechen, sagte der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, gegenüber "heute.de": "Eine Schuldenreduzierung erscheint vielleicht als der einfache Weg, aber die zugrunde liegenden Haushalts- und Strukturprobleme würden nicht gelöst." Eine Umschuldung halte er für kurzsichtig. Die einzig tragfähige Möglichkeit zur Überwindung der Krise sei die "konsequente Umsetzung der Reformprogramme und die vollständige Rückzahlung aller ausstehenden Schulden. Es gibt keinen schmerzfreien Weg".

Eindringlich warnte der Volkswirt vor den möglichen Folgen einer Umschuldung, einer neuen Bankenkrise. Stark verwies auf die enge Verflechtung der Euro-Finanzmärkte. Eine zunächst lokal begrenzte Krise könne negative Auswirkungen auf das ganze europäische Bankensystem haben. "Im schlimmsten Fall könnte die Umschuldung eines Mitgliedslands die Auswirkungen der Lehman-Pleite in den Schatten stellen." Nach der Lehman-Pleite 2008 begann die schwerste internationale Finanz- und Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten.

dpa