Ungeduldiger Obama schickt Kampfdrohnen los
Lange haben die USA es nicht auf dem Nato-Rücksitz ausgehalten. Mit dem Einsatz von Kampfdrohnen in Libyen rückt die größte Militärmacht wieder näher ans Steuer. Öffentlich versucht die Obama-Regierung aber weiter, ihre Rolle im Krieg gegen Gaddafi herunterzuspielen.
22.04.2011
Von Marco Mierke

Genau das wollte US-Präsident Barack Obama vermeiden, als er seine Soldaten in den Kampfeinsatz gegen Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi schickte. Ein Konflikt, der sich hinzieht, der die Vereinigten Staaten immer tiefer in einen weiteren Krieg in einem muslimischen Land zieht.

"Tage, nicht Wochen" solle die US-Militäroperation dauern, machte das Weiße Haus von Beginn an unmissverständlich klar - und gab das Kommando am 4. April mit lautem Wortgeklingel an die Nato ab, um nur noch "Unterstützung" zu leisten. Die "Verantwortung und Kosten" für den Einsatz müssten diesmal andere Nationen tragen, forderte Obama. Er will 2012 von seinem kriegsmüden Volk wiedergewählt werden.

Keine drei Wochen später haben die USA ihren Finger wieder selbst am Abzug. Zu groß wurde die Ungeduld der Generäle im Pentagon über den Stillstand in Libyen. Zu laut das Wehklagen der Rebellen und der Nato-Partner, die sich von den USA im Stich gelassen fühlen.

Weltmacht wieder am Steuer?

Ohne Vorankündigung lässt das US-Militär deshalb seit Donnerstag seine berüchtigten unbemannten Kampfdrohnen über das Land fliegen. Es feuert erstmals seit der Kommandoübergabe wieder selbst auf Gaddafis Bodentruppen. Sitzt die letzte Weltmacht nun doch wieder am Steuer?

Die Regierung versucht krampfhaft, diesen Eindruck zu vermeiden. Es sei nur ein "bescheidener Beitrag", wiegelte Verteidigungsminister Robert Gates ab. Eine Pressekonferenz eröffnete er am Donnerstag mit den Worten, er habe keine Neuigkeiten. Über den Drohneneinsatz sprach er erst, als Reporter ihn nach Libyen fragten. Er würde ihn als "eine sehr limitierte zusätzliche Rolle auf unserer Seite" kennzeichnen.

"Werkzeuge für Hinrichtungen"

Helfen soll ein Zahlentrick: Die USA wollten "nur" zwei Drohnen zeitgleich einsetzen, sagte Gates. Experten wissen, dass dafür aber mindestens fünf in Stellung gebracht werden müssten. Die Flugzeuge können bis zu 24 Stunden am Stück in der Luft bleiben und müssen dann zur Auffrischung zurück zur Basis außerhalb Libyens fliegen. In der Zeit übernehmen die anderen Fluggeräte. Wo sie starten, vielleicht von Italien aus, hütet das Pentagon übrigens wie ein Staatsgeheimnis.

Die Fluggeräte vom Typ "Predator" (Raubtier) leisten für das Kampfgeschehen viel mehr als nur einen "bescheidenen" Beitrag, meinen Fachleute. "Sie sind Werkzeuge für Hinrichtungen aus drei Kilometern Höhe", schreibt der US-Kolumnist David Ignatus, der seit Jahren über Drohnenflüge in Afghanistan, Pakistan, dem Irak und Jemen berichtet.

Sie fliegen tiefer als Kampfjets, können mit Kameras Ziele besser sichtbar machen und bringen ihre Piloten bei waghalsigen Manövern nicht in Gefahr, weil diese weit entfernt vor einem Monitor sitzen statt im Cockpit. Echte Garanten für tödliche Präzision also. Präzise genug, um Gaddafi gezielt zu töten, mutmaßt die "Washington Post".

"Symbol der Arroganz"

"Sie sind besonders gut für besiedelte Gegenden geeignet, wo sie nur geringe Kollateralschäden anrichten", sagt der US-General James Cartwright. Das klingt wie ein Werbeslogan, der mit der Realität wenig zu tun hat. Vor allem aus Pakistan, wo die Kampfdrohnen auf Islamisten feuern, kommt heftiger Widerspruch. Immer wieder werden dort Zivilisten getroffen. Gerade kamen rund 20 Menschen ums Leben.

Die Waffen seien daher "für viele Muslime ein Symbol der Arroganz" der USA, meint Ignatus. Der Einsatz in Libyen sei somit ein großer Fehler. "Das projiziert amerikanische Macht auf schlimmste Weise."

Vor allem aber stellen die USA mit ihrer Entscheidung ihren Partnern ein Armutszeugnis aus, meinen Kommentatoren. Dies sei "ein weiteres Zeichen für die lückenhafte Fähigkeit der Nato, komplizierte Kampfmissionen ohne durchgehende und intensive US-Unterstützung durchzuführen", kritisiert die "New York Times". Und so könnten für Obama aus Tagen nicht nur Wochen, sondern Monate in Libyen werden. 

dpa