USA: "Christliche Rechte" kämpfen gegen Abtreibung
Was Schwangerschaftsabbrüche und Geburtenkontrolle angeht, verbuchen Lebensschützer und konservative Gruppen in den USA gegenwärtig so viele Erfolge wie nie zuvor seit der Legalisierung der Abtreibung vor knapp vier Jahrzehnten.
21.04.2011
Von Konrad Ege

In den Parlamenten der 50 Bundesstaaten diskutieren Politiker Hunderte Anti-Abtreibungsentwürfe. Allein im ersten Quartal 2011 haben nach Angaben des New Yorker Familienplanungsverbandes Guttmacher Institut sieben Bundesstaaten Frauen den Schwangerschaftsabbruch mit neuen Gesetzen erschwert.

Dies geschieht trotz eines Urteils des Oberste Gerichtshof in den USA aus dem Jahr 1973, das ein gesetzliches Verbot des Schwangerschaftsabbruchs als Eingriff in die Privatsphäre der Frau und daher als verfassungswidrig einstuft. Dem zufolge kann in den USA der Schwangerschaftsabbruch nicht verboten werden. Gleichwohl dürfen aber die einzelnen Bundesstaaten ärztliche Eingriffe und Therapien regulieren.

Obligatorsche Beratung im "Krisenberatungszentrum"

So können im Bundesstaat Utah etwa Krankenhausangestellte die Mitarbeit bei Abtreibungen verweigern. In Kansas müssen Minderjährige vor dem Schwangerschaftsabbruch die schriftliche Zustimmung beider Eltern vorlegen. Und in South Dakota wurde im März ein Gesetz beschlossen, das abtreibungswilligen Frauen nach ihrem ersten Besuch beim Gynäkologen eine Wartezeit von drei Tage bis zum Abbruch auferlegt. Das Gesetz tritt im Juli in Kraft. Mit ihm wird bei geplanten Schwangerschaftsabbruch auch die Beratung in einem "Krisenberatungszentrum" obligatorisch.

Vor allem letzteres stößt auf scharfe Kritik. Die Tageszeitung "New York Times" bezeichnete die Beratungsvorschrift als "außerordentlichen Eingriff in die Rechte der Frauen". Der Bürgerrechtsverband "American Civil Liberties Union" kündigte Klage an. Die Vorschrift kollidiere mit dem Rechtsprinzip der Trennung von Kirche und Staat. Die meisten Zentren sind religiös geprägte Einrichtungen. Das wohl bekannteste ist das "Alpha Center" in South Dakota. Das Zentrum sei "von Gott inspiriert worden", sagten die Gründer Allen und Leslee Unruh, um "gegen das allerschlimmste Tun dieser Generation" vorzugehen, nämlich "das Töten unschuldiger Babys".

Abtreibungsfrage spaltet Amerikaner

Die Abtreibungsgegner in den Parlamenten profitieren vor allem von den Kongress- und Gouverneurswahlen im vergangenen November. Im US-Repräsentantenhaus stellen die Republikaner nun die Mehrheit. Nach Einschätzung der "Nationalen Liga für das Recht auf Abtreibung" sind 246 der 435 Abgeordneten Abtreibungsgegner. In 29 Staaten regieren Anti-Abtreibungs-Gouverneure, in 15 Staaten stehen diesen Gouverneuren Parlamente mit "pro-life"-Mehrheiten zur Seite. Dort gebe es "keine Brandmauer mehr", warnte die Liga kürzlich im Fernsehsender CNN.

Der Streit um die Abtreibungen macht auch vor der laufenden Haushaltsdebatte keinen Halt. Die Republikaner wollen Regierungszuwendungen an Familienplanungsverbände einstellen. Besonders im Blick ist dabei "Planned Parenthood". Der Verband hat Hunderte Büros in den USA und ist oft die einzige Anlaufsstelle für finanziell schlecht gestellte Frauen. Er bietet Hilfe bei der Verhütung an, Test für HIV und Geschlechtskrankheiten, Krebsvorsorge und eben auch Abtreibungen. Das Repräsentantenhaus hat vergangene Woche für einen Stopp aller Gelder an "Planned Parenthood" gestimmt. Der Senat mit seiner knappen Mehrheit von Demokraten hat sich dem jedoch nicht angeschlossen.

Nach Umfragen ist die US-amerikanische Bevölkerung in der Abtreibungsfrage gespalten. Je nach Fragestellung spricht sich gut die Hälfte für oder gegen den legalisierten Schwangerschaftsabbruch aus. Laut Guttmacher Institut wurden in den USA im Jahr 2008 rund 1,2 Millionen Abtreibungen vorgenommen. Knapp die Hälfte der Schwangerschaften in den USA sei nicht geplant, rund vierzig Prozent dieser Schwangerschaften endeten mit einem Abbruch.

epd