Preisgekrönte Kriegsfotografen in Misurata getötet
Der britische Fotograf und Oscar-nominierte Filmemacher Tim Hetherington starb in der umkämpften Stadt Misurata bei einem Artillerieangriff. Ein weiterer bekannter Reporter kam ums Leben, zwei Kollegen wurden schwer verletzt. Die Nato fordert die libyschen Bürger auf, sich von den Regierungstruppen fernzuhalten, um nicht in Gefahr zu geraten.

Die schweren Kämpfe um die seit Wochen von Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi belagerten Stadt Misurata dauern an. Am Mittwoch wurden auch zwei Foto-Journalisten getötet, als sie in der Rebellenstadt östlich von Tripolis unter Beschuss gerieten. Wie der arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira in der Nacht zum Donnerstag berichtete, starben mindestens fünf weitere Zivilisten.

"Von der Nato nichts zu sehen"

In seinem letzten Twitter-Beitrag am Dienstag hatte Hetherington geschrieben, er sei in Misurata: Es gebe unaufhörlichen Beschuss durch Truppen von Muammar al-Gaddafi. "Von der Nato nichts zu sehen", schrieb er.

Einen Tag später ist der Fotograf und Oscar-nominierte Filmemacher in Misurata getötet worden. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und Hetheringtons Agentin Johanna Ramos Boyer bestätigten am Mittwoch seinen Tod.

Wenige Stunden später erlag zudem Hetheringtons US-amerikanischer Kollege Chris Hondros seinen schweren Kopfverletzungen. Dies teilte einer seiner Arbeitgeber, die Fotoagentur Getty, mit.

Viele Einzelheiten des Angriffs waren zunächst noch unklar. Laut BBC gehörten die beiden zu einer Gruppe von Journalisten, die Opfer eines Mörserangriffs wurden. CNN sprach von einer Panzerfaustgranate, die russischer Bauart sei und massenhaft in Entwicklungsländer exportiert werde. Die "Washington Post" berichtete, Hetherington sei bei dem Angriff schwer verletzt worden, er habe viel Blut verloren und sei 15 Minuten nach der Einlieferung ins Lazarett gestorben.

Die Journalisten waren offenbar mit einer Gruppe Rebellen unterwegs. Sie hatten sich in der Nähe der Frontlinie aufgehalten. Misurata wird seit Wochen von Truppen des Gaddafi-Regimes belagert. Immer wieder gerät die Stadt unter Beschuss.

Zwei weitere Fotografen wurden bei dem Angriff verletzt. Dabei handele es sich laut "New York Times" zum einen um den Briten Guy Martin. Die Zeitung berief sich auf einen Kollegen im Krankenhaus von Misurata. Der zweite Verletzte ist Michael Christopher Brown, der von Splittern getroffen wurde, aber nicht in Lebensgefahr schwebt.

Nato: Zivilisten sollen sich von Gaddafi-Truppen fernhalten

Die Nato forderte die libyschen Bürger auf, sich so weit wie möglich von Gaddafis Truppen fernzuhalten. Der Kommandeur des internationalen Militäreinsatzes, der kanadische General Charles Bouchard, erklärte, man bemühe sich, bei den Angriffen die Gefahr für Zivilisten so gering wie möglich zu halten, "aber wir können das Risiko nicht auf Null reduzieren". In den nächsten Tagen werde der Druck auf Gaddafis Truppen aufrechterhalten.

Die USA wollen die libysche Opposition jetzt erstmals direkt unterstützen. Wie Außenministerin Hillary Clinton mitteilte, sollen die Regimegegner medizinische Artikel, Uniformen, Schutzausrüstung, Radios und Nahrungsmittel im Wert von 25 Millionen Dollar (17,2 Millionen Euro) erhalten. Vorausgegangen seien wochenlange Beratungen mit dem Übergangsrat in Bengasi über die am dringendsten benötigten Güter. Der Übergangsrat hat auch um Waffenhilfe gebeten, aber die USA haben bisher nicht darüber entschieden.

UN wirft Gaddafi schmutzigen Krieg vor

Die UN warfen Gaddafi einen schmutzigen Krieg vor. "Nach internationalem Recht ist der Beschuss von medizinischen Einrichtungen ein Kriegsverbrechen. Und es ist ein ernster Verstoß gegen das Völkerrecht, rücksichtslos auf Zivilisten zu feuern", sagte die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay. "Der Einsatz von ungenauen Waffen wie Streubomben, Raketenwerfern und Mörsern in dicht bevölkerten Gebieten führt zwangsläufig zu zivilen Opfern."

Der von den libysche Aufständischen gebildete Übergangsrat sprach sich für den Einsatz ausländischer Truppen zum Schutz der Zivilisten in Misurata aus. Abdelhafizh Ghoga, ein führendes Ratsmitglied, sagte am Abend in Bengasi: "Wenn dies nötig ist, um humanitäre Hilfe zu leisten oder sichere Zonen für Zivilisten zu schaffen, so wäre dies auch durch die UN-Resolution 1973 gedeckt." Die Rebellen wollten aber nicht, dass diese Truppen mit ihnen an der Front gegen die Soldaten Gaddafis kämpfen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) lehnte den Einsatz von Bodentruppen ab. Dies schließe die Libyen-Resolution der Vereinten Nationen aus, sagte er am Rande eines EU-Treffens mit dem Golfkooperationsrat in Abu Dhabi. Man müsse sich von dem Gedanken trennen, "dass eine schnelle militärische Lösung wahrscheinlich ist", betonte Westerwelle. "Der politische Prozess wird eine Lösung bringen."

dpa