Syrien kommt nicht zur Ruhe. Sicherheitskräfte haben am frühen Dienstagmorgen in der nordwest-syrischen Stadt Homs das Feuer auf regimefeindliche Demonstranten eröffnet. Berichten zufolge gab es einen Toten und mehrere Verletzte. Die Sicherheitskräfte hätten auch Tränengas eingesetzt. Die Menschen auf dem zentralen Platz in Homs hätten den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad gefordert. Die Lage habe sich später beruhigt. Die Streitkräfte hätten die Kontrolle übernommen.
"Wir fürchten, dass es ein Massaker ist"
In der Online-Ausgabe der "New York Times" wurde eine Anwohnerin zitiert, die kurz vor 3.00 Uhr am Telefon gesagt habe, es seien Schüsse zu hören gewesen. Aus den Moscheen sei um Hilfe gerufen worden. "Wir fürchten, dass viele auf dem Platz getötet werden, dass es ein Massaker ist."
Am späten Montagabend hätten sich Zehntausende zu einer Sitzblockade auf dem zentralen Platz in Homs versammelt. Der Korrespondent des Senders Al-Dschasira in der Hauptstadt Damaskus sagte, die Sicherheitskräfte hätten die Stadt abgeriegelt. Die Demonstranten seien aufgefordert worden, bis 2.30 Uhr Ortszeit den Platz zu verlassen. Etwa eine Viertelstunde vorher hätten die Sicherheitskräfte das Feuer eröffnet.
Einige muslimische Geistliche seien von der Geheimpolizei im Vorfeld der Ereignisse gewarnt worden, dass auf jede Blockade scharf geschossen werde. Das Innenministerium sprach angesichts der Unruhen bereits von einem "bewaffneten Aufstand".
Trauerfeier für getötete Regimegegner
Am Montag hatten Tausende Menschen an der Beisetzung von 14 Demonstranten teilgenommen, die am Vortag von Sicherheitskräften in Homs getötet worden waren. Die Menge zeigte sich kämpferisch: "Wir lösen unser Blut für eures ein, ihr lieben Märtyrer!", riefen die Trauernden, wie ein Augenzeuge am Telefon berichtete.
Die 14 Getöteten waren am Sonntag für Demokratie und Bürgerrechte auf die Straße gegangen. Mindestens 50 weitere Demonstranten wurden verletzt, als Sicherheitskräfte das Feuer auf sie eröffneten.
Syrien ist ein autoritär gelenkter Staat, in dem seit 1963 der Ausnahmezustand gilt. Geheimdienste und andere Sicherheitsorgane können Bürger willkürlich verhaften. Folter und Misshandlung in der Haft werden nicht geahndet.
Präsident Assad hatte am Samstag die Aufhebung des Ausnahmezustands binnen weniger Tage sowie politische Reformen angekündigt. Über den Inhalt der in Aussicht gestellten Gesetze für Presse, Demonstrationen und politische Parteien sagte er allerdings nichts.
Bericht über US-Unterstützung der Opposition
Die USA haben einem Zeitungsbericht zufolge seit Jahren heimlich die Opposition in Syrien finanziert. Seit 2006 habe das US-Außenministerium auf versteckten Kanälen rund sechs Millionen Dollar (gut 4,1 Millionen Euro) an die Gegner des Assads transferiert, schrieb die "Washington Post" am Montag unter Berufung auf vertrauliche Diplomatendepeschen, die von der Enthüllungswebsite Wikileaks publiziert worden waren. Unklar ist, ob weiterhin Mittel fließen.
Das Außenministerium räumte ein, die Regierung unterstütze unabhängige Gruppierungen, wolle aber nicht das Assad-Regime unterminieren. Es gebe US-Hilfe für verschiedene Organisationen, die Freiheit und Demokratie in Syrien forderten, sagte Außenamtssprecher Mark Toner. Er fügte hinzu: "Wir arbeiten nicht daran, die Regierung zu unterminieren." Der Sprecher nannte keine Einzelheiten.
Nach Informationen der "Washington Post" ging das Geld auch an die Betreiber des regierungskritischen TV-Senders Barada TV, der sein Programm von London aus in Syrien verbreitet. Der Kanal nahm seinen Betrieb im April 2009 auf und weitete seine Operation seit Beginn der Massenproteste gegen Assad nochmals aus.
George W. Bush hatte die Finanzierung begonnen
Die Finanzierung der Oppositionsgruppen habe unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush begonnen, nachdem er die diplomatischen Beziehungen der USA zu Syrien 2005 eingefroren hatte. Sie sei unter Präsident Barack Obama fortgesetzt worden, obwohl sich seine Regierung um eine Erholung der Beziehungen zu Assad bemüht. Seit Januar haben die USA wieder einen Botschafter in Damaskus.
Nach Ausbruch der Protestwelle in dem Land hatte Obama allerdings die Gewalt gegen Demonstranten in Syrien scharf verurteilt und Assad aufgefordert, die Repression seines Volkes zu beenden. Die von Wikileaks offengelegte Depesche kam den Informationen zufolge aus der US-Botschaft in Damaskus.