Ausgang der PID-Entscheidung im Bundestag offen
In einer von großem Ernst geprägten Debatte ringt der Bundestag um eine gesetzliche Neuregelung der Präimplantationsdiagnostik (PID). Befürworter wie Gegner der Gentests an Embryonen warben am Donnerstag für ihre Positionen. Die Abstimmung über die drei vorliegenden Gesetzentwürfe, bei der kein Fraktionszwang gelten soll, ist für Juni geplant.

Der Bundestag ringt um eine Neuregelung für Gentests an Embryonen. Bei der PID werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor dem Einpflanzen in den Mutterleib gentechnisch untersucht und gegebenenfalls ausgesondert. Damit kann die Weitergabe schwerer Erbkrankheiten verhindert werden, allerdings wären auch Selektionen nach anderen genetischen Merkmalen grundsätzlich möglich. Eine Neuregelung steht an, weil der Bundesgerichtshof im Juli 2010 das bisherige Verbot der PID gekippt hatte.

Flach hofft auf Zulassung

Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Ulrike Flach, sprach sich für eine begrenzte Zulassung der PID aus. "Wir öffnen nicht alle Türen für die PID", betonte Flach. Es gehe um einen "rechtlich verlässlichen Weg für Familien in Not". Flach hat mit Abgeordneten aller Fraktionen einen Gesetzentwurf erarbeitet, nach dem die PID nicht rechtswidrig sein soll, wenn die Nachkommen "eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwerwiegende Erbkrankheit" haben.

Flach äußerte sich zuversichtlich, dass die Befürworter der PID im Bundestag eine Mehrheit bekommen. "Die Kollegen, die sich bis jetzt noch nicht entschieden haben, können wir nur noch in der Debatte überzeugen. Ich habe ein gutes Gefühl, dass das klappt", sagte Flach der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Donnerstagsausgabe).

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings (CDU), warf den Befürwortern der PID hingegen vor, sich "auf abschüssigem Terrain zu bewegen". Erfahrungen aus dem Ausland zeigten, dass die Grenzen der Zulassung verschoben würden zulasten des Embryos. Krings unterstützt den Gesetzentwurf für ein völliges Verbot der PID.

Für die dritte Gruppe sprach der SPD-Abgeordnete René Röspel das ethische Dilemma an, in dem sich die Parlamentarier befänden. Er könne zwar die Sorgen und Ängste von Eltern verstehen, frage sich aber zugleich, wie eine schwerwiegende Krankheit definiert werden solle. Röspel tritt mit einer kleineren Gruppe von Abgeordneten aller Fraktionen dafür ein, die PID nur Paaren zu ermöglichen, die eine genetische Vorbelastung bzw. eine Chromosomenstörung haben, so dass Schwangerschaften in der Regel mit einer Fehl- oder Totgeburt enden.

Göring-Eckardt warnt vor falschen Erfolgsversprechen

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne), die sich für ein Verbot der PID einsetzt, äußerte sich skeptisch zum Nutzen der Gentests. "Die Erfolgsversprechen der PID sind so nicht zu halten", sagte sie am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk. "Es ist nicht so, dass Paare dank PID sicher sein können, ein nichtbehindertes Kind bekommen zu können", warnte sie.

Behindertes Leben müsse selbstverständlich in der Gesellschaft akzeptiert werden, sagte Göring-Eckardt, die auch Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. "Heute kommen 90 Prozent der Kinder mit Down-Syndrom gar nicht erst auf die Welt. Das halte ich für eine dramatische Entwicklung in unserer Gesellschaft", sagte die Grünen-Politikerin.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach sich am Morgen im Deutschlandfunk erneut für die Zulassung der PID in engen Grenzen aus. Sie verwies darauf, dass bei Gefahren für Mutter und Kind auch Abtreibungen bis kurz vor der Geburt möglich sind. Angesichts dessen wäre es nicht konsistent, wenn der Gesetzgeber eine eng begrenzte Untersuchung von Eizellen auf Erbkrankheiten wenige Tage nach der Befruchtung verbieten würde.

Die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), die für ein Verbot der PID eintritt, betonte die Würde des Embryos. Die Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens gelte von Anfang an. Bei der PID stehe jedoch die Selektion am Anfang.

Petra Sitte von der Linksfraktion betonte hingegen, dass PID nichts mit Euthanasie zu tun habe. Den betroffenen Paaren gehe es darum, ihren Kindern Leid zu ersparen. Die SPD-Abgeordnete Carola Reimann, die wie Sitte den Gesetzentwurf von Flach unterstützt, fragte, mit welchem Recht medizinische Hilfe verweigert werden dürfe.

Die Gegner der Gentests an Embryonen haben bislang 192 Unterstützer aus allen Fraktionen, die Befürworter der weiteren Zulassung 215 Abgeordnete hinter sich versammelt. Den Antrag für die eng begrenzte Zulassung befürworten 36 Parlamentarier. Knapp 200 weitere Abgeordnete haben sich noch nicht festgelegt.

epd