Lutherbeauftragter Dorgerloh wird Kultusminister in Sachsen-Anhalt
Bildung als christliche Verantwortung: Der EKD-Beauftragte für die Lutherdekade, Stephan Dorgerloh, wird Kultusminister in Sachsen-Anhalt. Die Vereidigung ist für den 19. April geplant.
12.04.2011
Von Karsten Wiedener

Stephan Dorgerloh hat seit Jahren Pflöcke in der Politik eingeschlagen. Die Vermutung, ein Prälat und Beauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für die Lutherdekade sei streng innerkirchlich ausgerichtet, bestätigt sich bei dem 45-Jährigen nicht. Dorgerloh hat schon als Direktor der Evangelischen Akademie in Sachsen-Anhalt immer politische Themen angesprochen. Für seine Partei, die SPD, konnte er nun in Koalitionsgesprächen erfolgreich verhandeln. Am Montag wurde er von der schwarz-roten Koalition, die voraussichtlich weiter Sachsen-Anhalt regieren wird, als künftiger Kultusminister benannt.

Der Pfarrer soll im Kulturressort der Wirtschaftswissenschaftlerin Birgitta Wolff (CDU) nachfolgen. Die konstituierende Sitzung des neuen Landtags und die Vereidigung der Minister sind für den 19. April geplant. Bei den Koalitionsgesprächen konnte Dorgerloh als Verhandlungsführer seiner Partei für die Themenbereiche Bildung und Kultur SPD-Forderungen wie etwa ein längeres gemeinsames Lernen in Gemeinschaftsschulen durchsetzen.

Bildung und Kultur nach dem Vorbild Luthers

Der Beauftragte der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung von Sachsen-Anhalt, Albrecht Steinhäuser, schätzt an Dorgerloh, dass für ihn Bildung mehr als die Vermittlung oder der Erwerb von Wissen sei. Dabei gehe es Dorgerloh um die Befähigung zur Verantwortung - für sich selbst und für die Gesellschaft insgesamt, sagt der Oberkirchenrat. Als Beauftragter der EKD für die Lutherdekade habe er bei Martin Luther angeknüpft. Vor 500 Jahren seien auch für den Reformator Bildungschancen eine Schlüsselfrage christlicher Verantwortung gewesen.

Dorgerloh hat sich auch bei internationaler Politik eingemischt. So rief er etwa 2003 vor dem Hintergrund des Irak-Krieges zusammen mit anderen Akademien einen "transatlantischen Dialog" ins Leben, der Verstimmungen zwischen US-Amerikanern und Deutschen abbauen helfen sollte. Und 2006, als die Flüchtlingsströme aus Nordafrika noch lange nicht das Ausmaß wie heute hatten, widmete sich seine Akademie dem Thema bereits mit einer Tagung. Afrika gelte als das Armenhaus der globalisierten Welt und sitze auf gepackten Koffern, warnte Dorgerloh schon damals.

Nachfolge in Wittenberg noch nicht entschieden

Der aus Berlin stammende Dorgerloh, der von 1987 bis 1993 Evangelische Theologie in Rostock und Berlin studiert hat, leitet seit 2008 in Wittenberg die Vorbereitung des 500. Reformationsjubiläums im Jahr 2017. Zuvor war er acht Jahre der Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg. Zum Pfarrer ordiniert wurde Dorgerloh in der Lutherstadt Ende 1999 vom damaligen Propst Heinrich Hamel. Sein Vikariat hat er von 1995 bis 1997 in Berlin sowie Chicago absolviert. Dorgerloh ist außerdem Mitinitiator der 2003 in Wittenberg gegründeten "DemokratieANstiftung".

In die SPD trat er 1998 ein. Dorgerloh erwarb sich Ansehen nicht nur als Akademie-Direktor, sondern auch als Leiter der "Arbeitsgemeinschaft für Bildung" der SPD sowie im Bildungskonvent Sachsen-Anhalt, den er zusammen mit dem früheren Landtagspräsidenten Adolf Spotka (CDU) von 2007 bis 2010 moderierte. Dorgerloh war bereits 2006 als Kultusminister im Gespräch, das Amt bekam dann aber der parteilose CDU-Kandidat Jan-Hendrik Olbertz.

In der Arbeit des Bildungskonvents sei ihm bei aller Klarheit der eigenen Überzeugung immer auch die Suche nach gangbaren Wegen wichtig gewesen, sagt Steinhäuser über Dorgerloh. Dass er nun in die Politik wechselt, sei für die EKD jedenfalls ein Verlust, erklärt deren Sprecher Reinhard Mawick. Seine Berufung ins Amt des Ministers sei zugleich aber auch ein Zeichen der Anerkennung. Über Dorgerlohs Nachfolge habe die EKD noch nicht entschieden.

epd