Ärztemangel: Länder wollen Ärzte aufs Land locken
Bund und Länder wollen eng zusammenarbeiten, um dem drohenden Ärztemangel auf dem Land zu begegnen. Medzinstudenten und Ärzte sollen mit finanziellen Anreizen aufs Land gelockt werden.

Eine Bund-Länder-Kommission der Gesundheitsminister hat sich am Mittwoch in Berlin auf Eckpunkte verständigt, die Anreize für Ärzte und Medizinstudenten umfassen und die Bedarfsplanung in unterversorgten Regionen verbessern sollen. Die Vereinbarungen sollen in das Versorgungsgesetz eingehen, das nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) Anfang 2012 in Kraft treten soll.

Länder sollen mitbestimmen

Nach Angaben aus Regierungskreisen sollen die Maßnahmen nur geringfügige Kosten verursachen. Der hessische Gesundheitsminister und gegenwärtige Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Stefan Grüttner (CDU), sagte nach der abschließenden Sitzung der Kommission, die Beitragszahler würden nicht belastet. Allerdings ist auch nicht klar, ab wann die Menschen auf dem Land eine Verbesserung bei der haus- und fachärztlichen Versorgung spüren werden. Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD) räumte ein: "Mit der Einigung vom heutigen Tag gibt es noch keinen einzigen Arzt mehr."

Rösler lobte den Einigungswillen von Bund und Ländern. Die Kommission hatte sich seit Januar mit dem drohenden Ärztemangel auf dem Land beschäftigt, nachdem im vorigen Jahr trotz Drängens der Länder keine Ergebnisse erzielt worden waren.

Im einzelnen sollen die Länder, die bisher nur die Bedarfsplanung für Krankenhäuser steuern, künftig auch bei der Bedarfsplanung für die niedergelassenen Haus- und Fachärzte mitbestimmen. Dabei sollen die regionale Besonderheiten eine Rolle spielen, die heute nicht erfasst werden. Wenn Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen, die über die Niederlassungen entscheiden, nicht genug unternehmen, um die Versorgung zu sichern, sollen die Länder selbst eingreifen können.

Anreize für Mediziner geplant

Medzinstudenten und Ärzte sollen mit finanziellen Anreizen aufs Land gelockt werden. Weitere Maßnahmen sind die Lockerung der Residenzpflicht, Vergünstigungen für eine befristete Tätigkeit in einer unterversorgten Region oder die Öffnung von Krankenhäusern in ländlichen Regionen für die praktische Ausbildung angehender Ärzte. Bei der Zulassung zum Medizinstudium soll die Abiturnote künftig eine geringere Rolle spielen, da die gegenwärtige Praxis zu Wartezeiten von bis zu sechs Jahren führt. Rösler nannte als Vorbild Rheinland-Pfalz und forderte die Länder auf, die Zulassungskriterien anzugleichen.

Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Roland Stahl, sagte dem epd, die Ärzte begrüßten, dass das Thema Ärztemangel in der Politik angekommen sei. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft erklärte, lokale Kliniken seien schon heute in die ambulante Versorgung eingebunden. Dies müsse aber auf eine sichere Grundlage gestellt und nicht durch Sparvorgaben für den Krankenhaussektor gefährdet werden.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen verlangte, dass es keine neuen Kosten für die Versicherten geben dürfe. Vielmehr müsse die drohende Unterversorgung auf dem Land durch eine bessere Verteilung der Arztpraxen bewältigt werden. Dagegen spricht allerdings eine Umfrage der Universität Trier unter 12.000 angehenden Ärzten, derzufolge die Studenten Orte mit weniger als 10.000 Einwohnern für die Eröffnung einer eigenen Praxis durchweg uninteressant finden.

epd