Bill Gates fordert höhere Entwicklungsausgaben
Bill Gates hat in den 80er und 90er Jahren mit Software Milliarden verdient. Nun bekämpft er mit seiner Frau Krankheiten, die ganze Länder ins Elend gestürzt haben. Als "ungeduldiger Optimist" fordert er in Berlin die Hilfe der Deutschen ein.
07.04.2011
Von Christoph Dernbach

Die Erfolge der globalen Impf-Programme sind beachtlich: Die gefährliche Infektionskrankheit Pocken, die einst ganze Landstriche in Afrika und Asien bedrohte, wurde ausgerottet. Auch bei der Bekämpfung der Pneumokokken, die lebensbedrohliche Infektionen verursachen, haben Organisationen wie die Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI) große Fortschritte erzielt. Doch der Software-Milliardär Bill Gates will sich damit nicht zufrieden geben. In Berlin forderte er von Deutschland, die Entwicklungszusammenarbeit weiter auszubauen.

Gates hat über 30 Milliarden Dollar in die Bill & Melinda Gates Stiftung gesteckt und gibt jährlich rund vier Milliarden Dollar für Gesundheits- und Bildungsprogramme aus. Im Vergleich dazu wirkt der Scheck von 14 Millionen Euro, die Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) für die GAVI mitgebracht hat, nicht übergroß. Doch immerhin verdreifacht die Bundesregierung damit ihre Zuwendungen für das Impf-Programm. Und Großes beginnt bei Gates auch im Kleinen.

Gates wirbt für mehr deutsche Entwicklungshilfe

Vor den Gästen der Amerikanischen Handelskammer AmCham im Hotel Ritz Carlton, wo Gates mit einem Preis ausgezeichnet wurde, nutzte der 55-Jährige die Chance, den Anwesenden ins Gewissen zu reden. Wenn Staaten wie Deutschland tatsächlich die Mittel für Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens erhöhen würden, könnten alle Kinder auf der Welt gegen lebensbedrohliche Krankheiten geimpft werden. Es gäbe dann sauberes Wasser und Moskitonetze für alle. Das Einkommen der Bauern in den Entwicklungsländern könnte sich verdreifachen. Jeder Mensch, der an Tuberkulose erkrankt sei, könne dann auch behandelt werden. Doch der Weg dahin ist noch weit.

Gates hatte im Jahr 2000 die Leitung von Microsoft an Steve Ballmer abgegeben und sich im Sommer 2008 aus dem Tagesgeschäft des Softwarekonzerns zurückgezogen. Seitdem treibt er die Arbeit in der Stiftung mit der Wucht und Besessenheit voran, wie er zuvor die Kohorten seiner Programmierer bei Microsoft in die Schlacht gegen Netscape oder Google geführt hatte. Nun geht es darum, weitere Verbündete in dem Kampf gegen die Not in der Welt zu finden.

Auf PowerPoint-Folien erläutert Gates den Zusammenhang zwischen Impfungen und der noch immer viel zu hohen Kindersterblichkeit. Ganz nebenbei erklärt er seinen Zuhörern, dass dies nicht zu einem gefährlichen Bevölkerungswachstum führen werde. "Wenn die Menschen länger leben, bekommen sie statistisch gesehen weniger Kinder."

Kritische Preisverleihung

Der Hamburger Unternehmer Michael Otto verwies zur Preisverleihung darauf, dass die Arbeit der Stiftung auch kritisch gesehen wird. Mit einem Etat, der über mehr Mittel verfügt als das Rote Kreuz oder die WHO, habe die Stiftung "eine Macht, die das Gesundheitssystem von ganzen Nationen durcheinander wirbeln kann". Was Otto nicht erwähnte: Manche Kritiker stören sich auch daran, dass die Stiftung den Kapitalstock vorrangig nach finanziellen Gesichtspunkten investiert und dabei zu wenig auf ethische Standards geachtet habe.

In den Augen von Laudator Otto geht Gates aber dennoch den richtigen Weg: "Sie sind der Unternehmer geblieben und machen sich die Kräfte des Marktes zunutze und setzen auf Forschung und Entwicklung." Und als Geldgeber dürfe Gates auch selbst bestimmen, wofür das Geld ausgegeben wird: "Ich bin der Meinung, dass für den, der mehr tut, als er muss, es legitim ist, selbst zu bestimmen, wie und wo seine Gabe Wirkung entfalten soll."

dpa